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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
Entstehung
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565
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G. M. B, Becird.

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zustimmt. Von Interesse ist die Stellungnahme Eros, eines dererfahrensten Neurologen. Er glanbt, daß die Neurasthenie dasselbebeim Manne ist, was die Spinalirritation beim Weibe ist, erklärtaber beide Krankheiten als verwandt und sucht ihre Ursache infeineren Ernährungsstörungen des Rückenmarks. 1893 erschienmeinHandbuch der Neurasthenie", in welchem v. Hößlindie Neurasthenie als reizbare Schwäche bezeichnete und inwelchem Buche zum ersten Male der Versuch gemacht wurde, allesbisher über die genannte Krankheit Bekannte zusammenzufassen,womöglich eine pathologische Anatomie zu schaffen und vor allemauch die Therapie zum Worte kommen zu lassen. Meinem Bnchesind mehrere andere Lehrbücher (von Löwenfeld, Binswangeru. a.) gefolgt, die jedes wieder von einem anderen Staudpunkt derinteressanten Krankheit näher zu kommen suchen. Die in derletzten Zeit geübte Unterordnung der Neurasthenie unter die Psy-chosen zeugt vou keinem Fortschritte in der Erkenntnis und erklärtsich vielleicht dadurch, daß die leichteren Fülle bei der Verall-gemeinerung hygieinischer Maßregeln uud nützlicher Badeprocedureunur noch selten zur Kenntnis des Arztes kommen, während dieschwereren unter Umständen ans jeden, der den Neurastheuiker nichtlange Jahre hindurch beobachteil kanu, leicht eiuen verdächtigen Ein-druck machen können.

Daß eine so stark verbreitete Krankheit den Eifer der Thera-peuten anspornt, ist mehr als begreiflich- wir finden darum in derLitteratur die verschiedeusteu Vorschläge; vou bleibendem Wertesind die von Mitchell-Playfair geratenen Mastkuren; die Elektro-therapie, die hauptsächlich von Erb und seiner Schule angewendetwird, hat viele Anhänger gefunden, noch mehr aber die Wasserkuren.Über die medikamentöse Behandlung hat sich Wilheim eingehendausgesprochen. Eine von C. Paul vorgeschlagene Nerventransfusionist nicht über die vom Autor beliebte Empfehlung hinausgegangen,wie auch die Einspritzungen nach Brown-Sequard nicht vonDauer und auch nicht von Erfolg waren; ähnlich ging es mitder Hypnose, die zwar viel verordnet, aber von den mit demHypnvtismus vertrauten Ärzten selbst nicht gerne durchgeführt wird,weil die Resultate nicht vertrauenerweckende sind. Je größer die