Rückenmarkskrankheiten.
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Eulenburg, Erb, Ziemssen auf diesem Gebiete hervorgethanhaben. Auch die Kaltwasserkur und die kaum mehr übersehbaren„Nervina", wie sie die chemische Industrie zur Verfügung gestellthat, brachten Heil- und Hilfsmittel im Kampfe gegen diese schwerenAffektionen. Nicht unvergessen darf bleiben, daß auch die Chirurgie,namentlich bei den Neuralgien Triumphe feiert. So ist man erstin allerjüngster Zeit daran gegangen, bei den Neuralgien desTrigeminus, bei welchen man früher einzelne Äste durchschnitten,gedehnt, oder exstirpiert hatte, durch Entfernung des GanglionGasseri Hilfe zu bringen. In relativ kurzer Zeit häuften sich dieOperationen nach diesem Gesichtspunkt und es hat sich heraus-gestellt, daß die an sich äußerst schwierigen und nicht ungefährlichenOperationen dank der vorgeschrittenen Technik segensreiche Wir-kungen entfalten.
Nunmehr kommen wir zum letzten Teil der Lehre von denkranken Nerven, zu den Rückenmarkskrankheiten — ein Feld,auf dem die deutschen Forscher die schönsten Lorbeeren gepflückthaben. Drei Momente sind es, welche den Aufschwung der letztenDeeennieu verursacht haben, die Fortschritte auf dem Gebiete derexperimentellen Physiologie, der Ausbau der pathologischen Anatomieund die Verbesserungen der Behandlung. So konnte es kommen,daß die Rückenmarkskrankheiten schärfer und klarer in die Be-obachtung treten als viele andere Affektionen, daß die Erkennungderselben Gemeingut der Ärztewelt geworden ist und daß endlichauch die Kranken selbst nicht mehr als von vornherein aufgegebeneKandidaten betrachtet werden. Daß dabei noch mancher Postenals verlorener zu betrachten ist, schreckt die Forschung nicht ab,immer weiter zu gehen und neue Wege zu suchen. Die Anatomiedes Rückenmarks wurde durch Stilling, später dnrch Koelliker,durch Gerlach, Voll, Retzius, Axel Key , Krause, Schieffer-decker uud viele andere weiter ausgebaut und ist namentlich durchdie verschiedenen Färbemethoden der Nervensubstanz, wie sie durchWeigert und Nissl ersonnen wurden, wesentlich vorwärts ge-kommen. Durch diese Methoden ist man auch über das Wesender Ganglienzellen und ihrer Ausläufer, sowie der bindegewebigenGrundsubstauz, der Neuroglia, mehr aufgeklärt worden. Ferner