S74 X. Geistes- und Ziervenkrankheiten und gerichtliche Medizin.

gelang es, die verschiedenen System-Erkrankungen des Rückenmarksnicht nur zu erkennen, sondern auch voneinander scharf abzugrenzen,wie die ^Ursachen der einzelnen Formen herauszufinden. So istdie Lehre von den Rückenmarkskrankheiten eine der bestgekanntengeworden, wenn auch die Behandlung noch in vielen Stücken nichtmit dem hohen Standpunkt der Diagnostik übereinstimmt. — Esist nicht möglich, alle einzelnen Formen durchzusprechen, wir wollenuns daranf beschränken, die wichtigsten mit kurzen Worten zuschildern.

Die labes Ävrsa1i8 (Hinterstrangsklerose), von welcher wiraus der Litteratur des Altertums schon Andeutungen haben, wurdein den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts von Hutin undMonod zuerst anatomisch geschildert und Cruveilhier gab nebender Anatomie auch klare Krankheitsschilderungen. Die erste Be-schreibung in Deutschland stammt von W. Horn (1827), demRomberg mit einer Darstellung folgte, welche schon alle wesent-lichen Symptome enthält und das Krankheitsbild scharf abgrenzt.Die Arbeit von Steinthal (1844) wird von Erb schon als einevollendete angesehen, d. h. vollendet nach dem Stande des Wissensder damaligen Zeit. Später folgten Wunderlich und als mikro-skopische Anatomen Rokitansky und Türck. War die Krankheitmithin in Deutschland schon nach den verschiedensten Seiten hindurchforscht und wohlbekannt, so mußte es um so mehr wunder-nehmen, daß Duchenne 1858 unter dem Namen ^taxis loeomotriesxi-oArsssivs mit Ignorierung der frühereu Arbeiten die Krankheitneu entdeckte. Seit dieser Zeit ist die Litteratur in Frankreich unter der Ägide von Trousseau, in Deutschland unter der vonFriedreich, Leyden und Westphal lawinenartig angewachsen.Der Ausdruck ?alzss äorsalis stammt von Romberg uud hatallgemein Eingang gefunden. — Was die Ursachen der Krankheitbetrifft, so dachte man viel an sexuelle Excesse oder mit Charcotan eine llersclits nerveuss, von der auch Friedreich einige über-zeugende Beispiele gesehen hat, Leyden nnd Goldscheider stellendie Erkältung, Edinger die Überanstrengung in den Vordergrund.Durch den Pariser Kliniker Alfred Fournier wurde seit demJahre 1876 die Syphilisfrage aufgerollt, er fand, daß nur etwa