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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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XI. Zoologie.

mikroskopischen Untersuchungen, welche Weismann angestellt hat,haben die Lehre von Siebold-Dzierzon bestätigt.

Neben der normalen Parthenogenesis giebt es noch einepathologische, die zu staude kommt, wenn man die Samenflüssigkeitder Spermatozoen beraubt, oder dadurch, daß man die Eier vonLebewesen, bei denen die Parthenogenesis sonst nicht bekannt ist,durch chemische Reize zur Entwickelung bringt. Haeckel, der viel überdie Jungfernzeugung studiert hat, hält dieselbe für einen Rückschlagder amphigonen Fortpflanzuug zur monogoueu; von anderer Seitewurden die auf dem Wege der Parthenogenesis sich entwickelndenEier für Pseudova, also für Gebilde erklärt, die keine Eier sind.Aber diese Ansicht hat sich nicht aufrecht erhalten lassen, denn diegenannten Eier entwickeln sich ebenso wie die geschlechtlich befruchteten. Die pathologische Parthenogenesis, welche noch sehr wenigerforscht ist, kann auf die Theorie der normalen Fortpflanzungbei Fortsetzung der Forschungen ein Licht werfen, das wir bisherentbehren mußten.

Nach dieser Abschweifung auf das Gebiet der Zellenlehrekönnen wir zu der größten Schöpfung des Jahrhunderts, zu derDesceudenzlehre durch Darwin übergehen und es ist hier derrechte Platz, um auf des seltenen Mannes Lebensgang näher ein-zugehen.

Der Name Darwin ist die Signatur einer großen Kultur-epoche, er weckt eine Flnt von Erinnerungen nnd Gedanken anwüste Streitereien und jauchzende Anerkennung. Es haben sichKreise gestattet, den Mann zn beurteilen, denen jede Fähigkeit, jajede Vorbildung fehlte und die trotzdem am lautesten sich hörenließen, es wurde Religion nnd Wissenschaft in tendenziöser Weiseveranickt und all das Geräusch der plätschernden und rauschendenWellen ist nur dmups au die Ohreu des emsig strebenden Mannesgekommen, dem die Meinung des Alltags nur ein philosophischesLächeln kostete. Wer die hohe Stirne, den charakteristischen Kopfdieses unsterblichen Meisters betrachtet, dem ist nicht bange, daßihm die Anerkennung oder Nichtanerkennung seiner Zeitgenossengleichgültig war, daß er sich ebenso über den Tadel wegsetzte, wieihm das Lob das Herzblut nicht erregte. Bei einem Manne, der