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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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XI. Zoologie.

so aufgefallen sind, daß sie ausgerottet worden sind, so daß nurdiejenigen übrig bleiben konnten, welche sich mit ihrer Farbe derUmgebung adaptiert haben uud deshalb übersehen werden können.Ähnlich ist das sogenannte Mimicry, oder die Eigentümlichkeit,daß die Tiere nicht nur die Farbe, sondern anch die Gestalt derUmgebung annehmen, so daß wir Schmetterlinge haben, welcheBlättern gleichen, und sich durch nichts von denselben unterscheiden.Der Umstand, daß es solche giebt, welche nicht nur die Blattnerveunachahmen, sondern auch den Raupenfraß imitieren, währendandere ihr Mimicry nur unvollkommen ausgebildet haben, ver-anlaßte Hertwig zu der Ansicht, daß wir in den letzteren dieWerdeformen sehen.

Die geschlechtliche Zuchtwahl entsteht dadurch, daß nurdiejenigen Vertreter einer bestimmten Tiergattung beim weiblichenGeschlecht Erhöruug finden, welche sich dnrch besondere Schönheit(Federschmuck) oder durch besondere Kraft (Geweih) auszeichnen,wodurch diese Eigenschaften immer mehr ausgebildet werdeu. ZumSchlüsse sei noch der fortschreitenden Ausbildung bestimmter Organedurch Übung und der Verkümmerung derselben durch Nichtübuuggedacht; wir haben dafür ein glänzendes Beispiel bei Tieren, diebei uns im Dunkeln leben, keine Angen mehr haben, aber dochein Sehcentrum besitzen, sogar Centren sür die Augenmuskeln.Dieselben sind jedenfalls früher mit thätigen Sinnesorganen inVerbindung gewesen und nicht so rasch rückgebildet worden, wiedie Siuuesorgaue selbst.

Wir haben die Darwinschen Lehren im vorhergehenden be-sprochen, ohne nur ein einziges Mal eines Begriffes zn gedenken,welcher dabei eine sehr bedeutende Rolle spielt, der Vererbung.Dieselbe wurde von Weismann in einer bisher unerreichten Weisebehandelt. Er hat die Behauptung aufgestellt, daß zwischen denKeimzellen uud den Körperzellen ein Unterschied besteht, welcherUnterschied von Boveri auch morphologisch nachgewiesen werdenkonnte. Wir haben schon früher bei der Zellenlehre von den imEi fchlnmmernden Anlagen sprechen können und müssen jetzt noch-mals betonen, daß von anderer Seite ein großes Gewicht auf dieäußeren Verhältnisse gelegt wurde, welche die Entwickelung eines