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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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XI, Zoologie.

Ganoiden erweiterte er die Lehre von den Fischen, durch die Studienüber die Begattungsorgane der Vögel die Ornithologie. Gegen-baur dagegenwählt zur Untersuchung einen bestimmten Organssationsteil, dessen Wesen er, unbeirrt durch die Funktion, aus deuGruudzügen des Baues und der Lagerung anatomisch zu erklärensucht. So werden die vorderen und Hinteren Extremitäten derAmphibien, Reptilien, Vogel und Säugetiere auf eine fünffingerigeGrundform, diese auf die Fischflosse, das Archipterygium, zurück-geführt, das Archipterygium endlich samt dem Extremitätengürtel ausdem Bau der Kiemenbogen erklärt." ^

Die größten Fortschritte hat die Zoologie aber durch dasStudium der Entwickelung der Niere erfahren; so konnte Semper' zeigen, daß die Niere der Haifische in ihrem Bau der Niere dergegliederten Würmer gleicht, die Niere der Amphibien untersuchtenSpengel, Fürbringer und Semon, die der Reptilien Braun,bis endlich Boveri in den Exkretionskanälen des Amphioxus, dieer als der erste sah, die Urform der Wirbeltierniere erkannte.Diese Lehren stehen in Zusammenhang mit den Forschungen ältererForscher über Embryologie (Baer, Müller und Wolff) undhaben der Wissenschast nene Wege gezeigt, aus welchen fortzuwandelnsich die jüngere Generation befleißigt. Ein Mittelglied zwischenzoologischer Forschung und praktischer Medizin bilden die Unter-suchungen über deu Parasitismus der Protozoen, wobei wir aufdas Buch von L. Pfeiffer :Die Protozoen als Krankheits-erreger" hindeuten. Die jüngste zusammenfassende Arbeit stammtvon F. Doflein:Die Protozoen als Parasiten undKrankheitserreger nach biologischen Gesichtspunkten".Wir konnten schon früher betonen, daß die Protozoen nur auseiner einzigen, aber morphologisch ausgebildeten Zelle bestehen;sie haben keine Nerven, keine Därme, keine Nieren, keine Ge-schlechtsorgane, sondern nur ein Protoplasma, welches alle Lebens-bethätigungen für sie übernommen hat. Sie bilden die Mittel-stufe zwischeu den Bakterien und den höheren Lebewesen. Da vieleProtozoen als Krankheitserreger wirken, so lag der Gedanke nahe,sie für diejenigen Krankheiten verantwortlich zu machen, für welchesich eiu bakterieller Ursprung uicht nachweisen läßt; so entstand