de Caudvlle,
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Verhältnissen" als einen Verbündeten ansah, ist an sich unbegreiflich,lag aber im Geiste der Zeit. Als sich die Medizin und derenHilfsdisciplinen von der Naturphilosophie frei machten, trenntesich in der Botanik die Morphologie von der Systematik, so daßdieser rein äußerliche Anlaß schuld daran war, die Dauer derphilosophischen Verirrung in der Botanik noch abzukürzen. Syste-matik und Morphologie, die ja auch an sich nicht gerade viel mit-einander zu thun haben, wurden so scharf geschieden, daß uugesährvom Jahre 1830 ab die Treunung vollendet war.
Der letzte Naturphilosoph im botanischen Lager war Goethe mit seiner Metnmorphosenlehre, die er bald im objektiven, baldim idealen Sinne auffaßte, wodurch er manche Verwirrung an-gerichtet hat. Wir haben früher schon nachweisen können, daß erauch mit seiner Ansicht von der Spiraltendenz der Vegetation inein Fahrwasser gerateu war, auf das ihn zwar die reinen Natur-philosophen begleiteten, aber die Wissenschaft hielt sich fern. —Die einzigen, welche aus der Metamorphoseulehre das Guteabstrahierten und weiter verfolgten, waren Schimper uud Braun,.'icarl Friedrich Schimper (1803—1867) begründete die Blatt-stellungslehre, welche seinen Namen trügt, und fand in AlexanderBraun einen geschickten Interpreten. Dazu kam, daß Schimpersowohl wie Braun mit wahrer Virtuosität die Beschreibung dereinzelnen Pflanzen handhabten und sich damit weit über die trockenenSystematiker erhoben. Um die Einwände, welche gegen seineBlattstellnngslehre erhoben wurden und auch um wirkliche Wider-sprüche zu klären, nahm Schimper seine Zuflucht zur sog. Spiral-tendenz im Wachstum der Pflanzen, welches Hofmeister mit denWorten abfertigte: „Die Vorstellung schraubenförmiger oderspiraliger Gänge der Entwickelung seitlicher Sprossungen derPflanzen ist nicht nur eiue unzweckmäßige Hypothese, sie ist einIrrtum", aber sie war eiu Irrtum, der die Wissenschaft einengewaltigen Schritt vorwärts gebracht hat, soweit wie mancheHypothese, die sich später als unrichtig herausgestellt hat, weil dieStellungsverhältnisse der Organe durch die Schimpersche Theoriein den Vordergrund der Beobachtung gestellt worden war unddamit die Mvrpholvgie darauf aufmerksam wurde.