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XII. Botanik.
Die Blutenpflanzen (sowohl der Mouoeotylen als auch derDicotylen) unterscheiden sich von den Gymnospermen dadurch, das;der Fruchtknoten (Eierstock) einen Behälter darstellt, der von derAtmosphäre völlig abgeschlossen ist und von den Pollenschläuchenerst ausgesucht werden muß. Man hat im Gegensatz zn den Gymno-spermen daher uach dem griechischen Worte «//emv den NamenAngiospermen gewählt. Die männlichen Besruchtungsorgane sinddie Staubgefäße, die an ihrem freien Ende, in der Anthese, diePollenkörner enthalten. — Die sogenannte Narbe des Frucht-knotens hält die Pollenkörner fest, die auf der Narbe keimen unddauu ihre Pollenschläuche in das Innere des Fruchtknotens hinein-senken. Über die Wachstumsvorgänge von dein Momente desNiederlassens der Pollenkörner auf die Narbe bis zum Hinein-wachsen der Pollenschlüuche iu deu Fruchtknoten hat Strasburgerin seiner grundlegenden Arbeit „Theorie der Zeugung" 1884ausführlich geschrieben.
Was nun das Wesen der sexuellen Fortpflanzung betrifft, fogeht es nach Sachs darauf hinaus, daß eine Pflanze zweierleiZellen erzengt, die für sich allein keiner weiteren Entwickelungfähig wären, aber vereinigt ein Produkt ergeben, welches sich fort-entwickeln kann. Es wird also der Eizelle durch die Befruchtungetwas zugeführt, was ihr bisher gefehlt hat, dessen sie aber zurWeiterentwickelung bedarf, und das Ausschlaggebende ist nach derübereinstimmenden Forschung zahlreicher Botaniker (Sachs, Stras-burger, Zacharias) das Nnclein. Zacharias hat nachweisenkönnen, daß der Kern der mänulichen Zelle im wesentlichen ausNncleiu besteht, aber kein Kernkörperchen hat, wogegen die mitgroßen Kernkörperchen Verseheuen weiblichen Zellen kein Nneleinenthalten. Sachs ging sogar so weit, daß er verschiedene Artenvon Nnclein hypothetisch konstruierte, die sich chemisch nicht unter-scheiden lassen, aber völlig so verhalten, wie die rechts- und links-drehende Zuckerlvsuug und damit bei der Befruchtung verschiedeneAufgaben erfüllen. — Von großem Interesse ist die von vielenForschern beobachtete Thatsache , daß die männlichen und weiblichenSexualzellen auch auf bestimmte Entfernungen hiu eiue gewisseAnziehungskraft aufeinander ausüben, wodurch die Vereinigung