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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Fortpflanzung,

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erleichtert wird. Über diese auffallende Erscheinung besitzen wir indenUntersuchungen über die Peronosporen und Sapro-leguieen" von de Vary (1881) ausgezeichnete Ausklärungen.Wenn sich auch zahlreiche Pflanzen ebenso wie die Wirbeltiere nurauf geschlechtlichem Wege fortpflanzen, so giebt es doch noch mehrsolche, die Gelegenheit genug haben, sich auch ohne Sexualorganezu vermehren. Es liegt daher die Frage nahe, welchen Zweckendie geschlechtliche Fortpflanzung in der Natur dient. Schon ConradSprengel hat 1793 den Gedanken ausgesprochen, daß es sich beider sexualen Vereinigung durch Kreuzung gewisser Abnormitätenund krankhafter Zustande der Erzeuger um einen Ausgleichhandelt, ein Gedanke, welcher von Darwin selbstverständlich auf-gegriffen und ausgebaut wurde.

Zu erwähnen ist hier noch das auffallende Vorkommnis derApogamie, worunter man die Thatsache versteht, daß gewissePflanzen, welche sich früher geschlechtlich fortgepflanzt haben, diesnunmehr auf ungeschlechtlichein Wege thun. So giebt es im nörd-lichen Europa eine Alge, welche nur in weiblichen Exemplarenvorkommt, deren Eizellen ohne Befruchtung zur Embryobildungschreiten. Da es im südlichen Enropa auch männliche Exemplaredieser Gattung giebt, so liegt der Schluß nahe, daß bei diesenPflanzen in früheren Zeiten die geschlechliche Fortpflanzung dashänsigere war. Zur Apogamie rechnet man auch Fälle, in denenzwar noch Blüten beobachtet werden, aber ohne Sexualorgaue, wiez. B. beim Knoblauch. Die einschlägigen Arbeiten stammen vonde Vary:Über apogame Farne und die Erscheiuung derApogamie im allgemeinen" (1878) und Leitgeb:DieSproßbildung au apogamen Farnprothallien" (1885).

Wenn die Befruchtung zwischen verschiedenen Pflanzenartenerfolgt, spricht man von Hybridation ode.r Bastardierung,ein Vorgang, der schon im 18. Jahrhundert beobachtet und er-forscht wurde (Kölreuter); namentlich Naegeli hat aus einergroßen Anzahl von Beobachtungen die Gesetze der Hybridationzusammengestellt, aus denen hervorgeht, daß dieselbe nur untersolchen Pflanzen möglich ist, die sich systematisch verwandt sind.Die Möglichkeit der Bastardierung hängt übrigens nicht allein von