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1800 bis 1830: Die drei Weltanschauungen,
standes zu bedienen!", das einzige Erfordernis dazu: „von seinerVernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen", d. h.zu räsonnieren. Sie wurzelt in der Renaissance, die Protestantische::Länder England und Holland sind ihre erste eigentliche Heimat;aber gerade hier und dann weiterhin in Deutschland kam sie mitder orthodoxen Theologie des Protestantismus in den schärfstenKonflikt, und so hat „der Zwang, sich gegen diese emporzuarbeiten,ihre ganze Front- und Problemstellung bestimmt". Und doch istsie von Haus aus ein weit Umfassenderes, „eine Gefamtumwülzungder Kultur auf allen Lebensgebieten" uud „ein Wandel der all-gemeinen Stimmung".
Dreierlei ist dabei von besonderer Wichtigkeit. Sie zwingtden bis dahin absolutistischen Staat in ihre Bahnen, besteigt mitFriedrich dem Großen den preußischen Königsthron und verkündigtvon dort herab, daß der König der erste Diener des Staates seiund in seinen Landen jeder nach seiner Fayon selig werden könne:und dieser Praxis entsprach die Theorie von dem auf Vertragaufgebauten Staat, die längst schon da war, aber nun von Rousseau die schärfste Formulierung erhielt. Fürs zweite entsteht unter ihremEinfluß und Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Entwickelungvon Handel und Industrie namentlich wieder in England undHolland eine neue Gesellschaft, die sich hauptsächlich aus denbürgerlichen Kreisen rekrutiert und ebenso dem Staat wie derKirche gegenüber Mündigkeit für sich in Anspruch nimmt; dieAufklärung ist liberal; darum ist es auch kein Zufall, daß in jenerZeit die Realschule, als Bürgerschule gedacht, entstanden ist. End-lich beherrscht die Nufkläruug die Litteratur. In Holland könnendie freigeistigen Gedanken ungehindert gedruckt werden, uud vouEngland bringt Voltaire nicht nur den Lockeschen Sensualismus,sondern auch die neue Naturlehre Newtons auf den Kontinentherüber uud popularisiert sie. Der Mathematik aber entnimmt mandie methodologische Forderung, alles klar und deutlich, wie sie esthut, zu formulieren und es dadurch begreiflich zu macheu. Indemalso Kant die Frage zu beantworten sucht, wie mathematischeNaturwissenschaft möglich sei, hat er damit nnr anerkannt, daßdas die Grundwissenschaft und die wichtigste Angelegenheit sei für