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Aber auch das ist doch nur die eine Seite und ist nur halb wahr.Kant und Fichte haben die Philosophie naturlos gemacht, Kantgegen seinen Willen, weil er als Pietist herangewachsen sich zurNatur kein Herz sassen konnte, die Sinnlichkeit zum bloßen Stoffdegradierte, sich um die Möglichkeit synthetischer Urteile a posteriori,d. h. um die induktive Wissenschaft nicht kümmerte und vor demkühnen Gedanken seiner genialen Jugendarbeit über „die Verfassungund den mechanischen Ursprung des ganzen Weltgebäudes" selbererschrak; Fichte, weil er subjektiver Idealist war nnd deshalb dieNatnr gewaltthätig in ihrer Selbständigkeit und ihrem Eigenwertvernichtete. Ihnen gegenüber hat Schelling als Romantiker dasInteresse an der Natnr znnächst selber wieder gehabt und es derWissenschaft seines Volkes wieder eingeflößt; und als dann dieOrgien der unfruchtbaren Naturphilosophie vorüber waren, da bliebals Residuum in diesem Taumelkelche doch zweierlei zurück: das^ Interesse an der Natnr, das rasch genug auch den Deutschen zumethodischer Naturforschnng trieb, uud ein Universalismus derNaturbetrachtung, der den Gedanken der Einheit sowohl der Naturselbst in allen ihren Teilen als auch der Natur mit dem Geistlebendig erhielt nnd so das Band zwischen Naturwissenschast undPhilosophie doch uicht ganz abreißen ließ. So urteilte auchAlexander von Humboldt , wenn er noch 1834 an Bunseu schreibt:„Ich habe nie anders als mit den Ausdrücken der Bewundernngvon Schelling gesprochen. Einem Deutschen steht es wahrlich nichtan, das edle Bestreben, das Beobachtete zu verknüpfen, das Empi-rische durch Ideen zu beherrschen, mit Verachtung zu behandeln.Ich habe uie die Möglichkeit einer Naturphilosophie bezweifelt,wenn mich anch der Teil derselben, welcher das Heterogene derMaterie (specifisch verschieden scheinender Stoffe) behandelt, bishernicht überzeugt hat. Schellings Naturphilosophie, dem rohenEmpirismus, der nüchternen Anhäufung von Thatsachen entgegen-stehend, ist ganz von den Philosophischen Träumereien verschieden,die nicht ihm, sondern mißverstandenen Lehren zugehvren, aberallerdings eine Zeitlang von gründlich speciellem Wissen abhielten,weil die Jngend wähnte, man könnte eine specielle Chemie, einereinliche, a. priori, ohne sich die Hände zu benetzen, eine Astronomie