Schilling.
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ständnis der Natur und der Mühe empirischer Beobachtung uudlaugsam aufwärts führender Induktion überhoben zu sein.
Wie diese Naturphilosophie auf die Zeitgenossen wahrhaftberauschend gewirkthat, das beschreibt der Norweger Steffens in einemBrief au Schelling vom 1. September 1800. Von seiner frühestenKindheit an lebte und webte dieser für die Romantik prädestinierteEnthusiast in der Natnr, sich von ihr loszusagen war ihm un-möglich. So suchte er unverdrossen alles zusammen, lernte Tiereund Pflanzen und Steiue kennen, strich herum in den Gebirgenund auf den Feldern, zu Wasser und zu Lnude, und sammelte vielleichtnicht ganz gewöhnliche Kenntnisse. Aber, klagt er, „das leidigestückweise Theoretisieren steckte mich an, das herrliche Ganze, wasvon meiner Kindheit meine Seele durchdrang, erstarb mir unterden Händen, es zerfiel in tausend Trümmer und ich suchte ver-gebens aus dem zerschlagenen Gotte ein Ganzes kärglich zusammen-zuleimen. Meine Freude war dahiu, der innere Friede verloren,eine wunderliche Unruhe bezeichnete mein ganzes zerstörtes Wesen".Da lernte er Schelling kennen, es war ihm, als hätte dieser fürihn geschrieben. Die Hoffnung belebte sich, seine verlorene Jugeudwieder zu erleben, das ganze Leben der Natur faßte ihn — stärker,unwiderstehlicher als jemals; nnd was die Naturphilosophie ausing,vollendete der transscendentale Idealismus. Schon 1801 erschienendann seine „Beiträge zur inneren Naturgeschichte der Erde ", diestreug naturwissenschaftlich anheben, dann ganz naturphilosophischwerden, uud schließlich echt romantisch bei der unendlichen Weltin den innersten Tiefen des eigenen Geistes endigen.
Oken aber, der als Naturforscher sich bemühte, die Natur-philosophie zum uaturwisseuschaftlichen System zn erheben und überdiesen Bemühungen um ein spekulatives Ganzes die Detnilarbeitdes Forschers geflissentlich vernachlässigte, scheint die Ansicht zubestätigen, daß die Naturphilosophie nicht nur nichts geleistet —denn wo sind heute diese spekulativen Lehrbücher und Systeme? —sondern daß sie es sogar verschuldet habe, wenu wir Deutsche zuAnfang des Jahrhunderts in unserer Erkenntnis der Natnr hinterden anderen Nationen so weit zurückgeblieben seien. Weil wirdamals Naturphilosophie trieben, hatten wir keine Natnrwissenschaft.