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Prolegomena zum Homer vom griechischen Epos gelehrt hatte, dasübertrug Lachmaun auf das Nibelungenlied. Schou A. W. Schlegelhatte unter Berufung auf Wolf behauptet, dieses sei. für EinenMenschen zu groß und es für das Werk der gesamten Kraft seinesZeitalters erklärt: nun sucht Lachmann zu erweisen, daß es auseiner noch erkennbaren Zusammenstellung einzelner romauzeuartigerLieder entstanden sei, nnd hält eS sogar für möglich, diese Liederaus dem Znsammenhang zu losen uud in ihrer ursprünglichenGestalt wiederherzustellen. Mit letzterem hat er sicher uurecht, mitersterem schwerlich recht gehabt; aber darum bleiben seine Verdiensteum Text und Kritik des Nibelungenliedes und anderer Hauptwerkeder mittelalterlichen Litteratur uud um die Art, wie hinfort auchhier streng philologisch gearbeitet wnrde, denuoch bestehen. Daß esaber unter deu Germanisten auch nie an deutschen Dichtern gefehlthat, die neben der strengen Methode das kongeniale Verständnisfür ihres Volkes Dichterart besaßen — ich nenne nur Uhland undHoffmann von Fallersleben —, das hat dieser Wissenschaft ihreFrische nnd die Fühluug mit dem Volk und seinen Gebildetenbewahrt bis zum heutigen Tag. Ihr Verdienst aber bleibt dergroße Beitrag an nationaler Gesinnung, die sie durch die Beschäftigungmit all dem Großen und Herrlichen in unserer Sprache undDichtung in ihren Jüngern uud durch sie in der gebildeten Jngendunseres Volkes überhaupt groß gezogen hat.
Aber auch der durch Herder in sie gelegte universale Zng derRomantik kam der Sprachwissenschaft zu gut. Friedrich Schlegel wares, der in Paris ans das Indische aufmerksam wnrde uud durch seinekleineSchrift „über dicSprache uud Weisheit derJudier" inDeutschlandden Austoß gab zum Studium des SnnSkrit, dessen Verwandtschaft mitanderen indogermanischen Sprachen er mit sicherem Blick erkannte,wenn er sie auch mir dilettantisch begründete. Sein BruderAugust Wilhelm solgte ihm auf diesem neueu Wege. Noch vorihm aber wandte Franz Bopp seine streng methodische Arbeit derSanskritgrammatik zn und wnrde so der Begründer einer neueuDisciplin, der allgemeinen vergleichenden Sprachwissenschaft. DenZusammenhang dieser Studien mit der Germanistik bezeugt schouJakob Grimm in seiner Grammatik: „Aufschlüsse, heißt es hier,