Sprachwissenschaft.
161
werde», von der es in der Porrede ganz romantisch und feinpsychologisch heißt, sie sei „gleich allein Natürlichen und Sittlichenein unvermerktes, unbewußtes GeheimuiS, welches sich in der Jngendeinpflanze uud uusere Sprechwerkzcuge für die eigentümlichen vater-ländischen Töne, Biegungen, Wendungen, Härten oder Weichenbestimme, und auf diesem Eindruck beruhe dann jenes unvertilgliche,sehnsüchtige Gefühl, das jeden Menschen befällt, dem in der Fremdeseine Sprache und Mundart zu Ohreu schallt". Polemisch wendeter sich hier gegeu die unsägliche Pedanterie, in deutschen Schulendeutsche Grammatik zu lehren und gegen die gewaltthätig? Sprach-reinigung der Puristen, die alles Fremde bis auf die letzte Zaseraus der deutscheu Sprache gestoßen wissen nnd künstlich Wohllautnnd Wortreichtum vermehren wollen; nnd ebenso bekämpft er sowohldie philosophische als die kritische Richtung des Sprachstudiums.Ihnen stellt er seinen Plan, eine historische Grammatik der deutschenSprache zu gebeu, gegenüber: „Spuren, die noch in unserer jetzigenSprache trümmerhast und gleichsam versteint stehen, wurden mirallmählich deutlich und die Übergänge gelöst, wenn das Neue sichzu dem Mitteln reihen konnte nnd das Mittete dem Alten dieHand bot; zugleich aber zeigten sich die überraschendsten Ähnlich-keiten zwischen 'allen verschwisterten Mundarten uud noch gauzübcrseheue Verhältnisse ihrer Abweichungen"; und so galt es nun,diese fortschreitende unaufhörliche Nerbindnng bis ins Einzelnste zuergründen und darzustellen; denn „der Gang der Sprache ist lang-sam, aber uuaushaltbnr wie der der Natur; stillstehen kann sieeigentlich niemals, noch weniger zurückschreiten". In diesem Geisthat er sein Werk gehalten und den Gedanken darin durchgeführt,daß auch in der Grammatik „die Unverletzlichkeit und Notwendigkeitder Geschichte anerkannt werden müsse". Damit hat er wirklich inunser deutsches Altertum Bahu gebrochen und der Wissenschaft vondemselben das Fundament gegebeu.
Uud uun begann fröhlich die große und fruchtbare Arbeit derGermanisten, von der unser ganzes Jahrhundert erfüllt ist. Zugute kam ihr gleich zu Anfang die Bnndesgenosfenschaft mit derklassischen Philologie, deren Schulung und Methode ihr Lachmannfür Kritik nnd Textbchandlnng zuführte. Was Wolf in seinen
Ziegler, die geistigen u, socialen Strömungen des 13. Jahrh. 11