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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Die Litteratur bis zu Goethes Tod.

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lution unter, um nicht zu sagen: durch Friedrich Wilhelm IV. Demjungen Deutschland aber gebührt dabei sachlich und chronologischder Vortritt.

Die Litteratur bis zu Goethes Tod.

In der poetischen Litteratur beherrschte die Romantik dieersten Jahrzehnte des Jahrhunderts in Deutschland , Mährend Goethe immer sui Zensris damals vielmehr eine europäische, ja geradezueinewestöstliche" Stellung einnahm. Dabei erscheint die Romantikin wechselnden Gestalten nnd verschiedenen Formen. Nach der Zer-streuung des Jenenser Kreises bildete sich ein ueues Centrum inHeidelberg , von dem die Erneuerung unserer mittelalterlichen Poesieausging: 1806 beginnen Arnim und Brentano mit der Sammlungdeutscher Volkslieder indes Knaben Wnnderhorn", 1807 machtsich v. d. Hagen an die Herausgabe des Nibelungenliedes, und1808 suchen sie sich in der Einsiedlerzeituug ein ueues Schnlorganzu schasfeu. Daun kommen die Freiheitsdichter, unter denen nochvor dem Ausbruch des Kriegs Heinrich von Kleist mit seinem Haß-und Rachedrama den ersten Platz einnimmt, Theodor Körner einSänger und Held" der populärste, Erust Moritz Arudt der markigsteund wirkungsvollste war. Die große und dauernde Wirkung aufsein Volk hat dieser letztere freilich vor allem durch seine prosaischenSchriften ausgeübt, denen Freytag mit Rechtdie starke, treibendeKraft, die hohe Wahrhaftigkeit, die rücksichtslose Tapferkeit undneben dem trotzigen Zorn gegen die Bösen die warme, wohlthuendeLiebe zum Vaterland, zu allem Guten und Großen" nachrühmt;seinGeist der Zeit" stellt sich an Wucht uud Kraft neben FichtesReden an die deutsche Nation und war um so viel volkstümlicher,als er weniger tief und schwerverständlich war.

Darauf folgen die Schwaben , deren Poesie, sern von Cliquen-wesen und Schulebilden uud fern auch von aller Berührung mitdem Berlinerischen Geistreichthnn, weitaus die gesundeste und kräf-tigste Form der Romautik repräsentiert. Sie gehören zusammen,ohne eine Schule zu sein; persönliche Freundschaft, ähnliche bürger-liche Lebensverhältnisse und Landsmannschaft sind das Band, dassie bei aller Verschiedenartigkeit im einzelnen zusammenbindet und