Borne.
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das Märchen von Goethes Hochmut, Egoismus und Herzlosigkeitwurde von ihm in Umlauf gesetzt und mit dem Brustton sittlicherEntrüstung vorgetragen. Dieser Kampf wurde mit MenzelscherGrobheit jahrelang geführt, und vou rechts her kam dannHengstenberg und wurde nicht müde, den großen Dichter alsdeeidierten Nichtchristen und Heiden allen Frommen und Stilleuim Lande zu denunzieren. Das hat vielen die Freude au Goetheverdorben nnd den Weg zu ihm verbaut, thut es ja thörichter Weise,namentlich in pietistischen Kreisen, einzelnen beschränkten Leutennoch heute.
Börne.
Aber gefährlicher als der im Gruude doch au einer innerenZwiespältigkeit laborierende Menzel war von links her Börne.Börne nnd Heine sind die Väter nnd Urheber des jungen Deutsch-land , sie gilt es daher zuerst etwas näher kennen zu lernen. Beidesind Juden, und so liegt es nahe zu sagen, daß das junge Deutschland eine wesentlich jüdische GeisteSrichtuug repräsentiere und daß daraufdas negativ Zersetzende und das Kosmopolitische desselben zurück-zuführen sei; schon Menzel, erst der Frennd der beiden nnd der Ver-fechter der Judenemanzipation, spottet, als er mit ihnen zerfallenwar, über „das juuge Palästina". Aber erstens steht bis 1835neben ihnen als Dritter im Bunde eben dieser christgermanischeBurschenschafter Menzel selbst, dessen litterarischer Adjutant längereZeit Gutzkow war und hält von Ansang an dem speeisisch jüdischenEinfluß die Stange; und fürs zweite waren die Stimmführer derSchule, die Gutzkow und Laube, die Wicnbarg und Mundt keineJuden, — die jüdische Rasse erklärt also die Litteraturbeweguug derdreißiger Jahre uicht, wenn sie auch hier wie in der alten Welt„ein wirksames Ferment des Kosmopolitismus und der nationalenDekomposition" überall da abgab, wo der Stoss dafür bereit lag.
So interessiert uns denn nicht der Jude, sondern der Schrift-steller Börne. Zum Journalisten und zum Liberalen hat ihn sreilichder Zorn über die Zurücksetzung werden lassei?, die er in der freiendeutschen Reichsstadt Franksnrt als Jude zu erdulden hatte unddie mit der antisemitischen Richtung eben jener christgermanischen
Ziegler, die geistigen u, socialen Strömungen des I». Jahrh. 12