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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1830 bis 1848: Das junge Deutschland.

Liberalen im Sinne der Parteischablone gehört, sondern einfach anden Idealen seiner Jugend festgehalten, und das waren die derchristgermanischen Burschenschaft . Bon ihr und ihren Tendenzenwar er ausgegangen, aber eben jenes chriftgermanische Element,das in ihr steckte, war im Gruude romantisch und antiliberal.Niemand hat diese doppelte Strömung, wie sie durch die Burschen-schaftsbewegung in den deutschen Liberalismus hineinkam, schärfergesehen als Heine:zwei grundverschiedene Parteien, die keinerTransaktion fähig und heimlich dem blutigsten Hader entgegen-zürnten". Menzel gehörte zu deu Männern des Wartburgsestes,zuden dunkeln Narren, den regenerierten Deutschtümlern", wie sieHeine nennt; eine Zeitlang konnte er darum mit dem Liberalismusgehen, danu aber mußte er sich von ihm trennen. Zunächst aberreagierte das nationale Element in ihm gegen Goethe. Nicht nurmißfallen hat ihm dessenTalent des äußeren Lebens, seine Kuustdes Bequemen, Leichteu und Feinen, seine Virtuosität des Genusses",das Ästhetische seiner Weltanschauung, sondern er sah darin geradezueine Gesahr für das deutsche Volk, als dessenmodernster" Vertreterihm Goethe erschien. In diesem Operieren mit anderen als reinästhetischen Maßstäben bei Beurteilung eines Dichters liegt MenzelsBerwandtschast mit der Denkart des jungen Deutschland ; eine vor-wiegend ästhetische Zeit war abgelaufen, die sittlichen und nationalen,die freiheitlichen und politischen Gesichtspunkte drängten sich energischin den Vordergrund. Von diesem Standpunkt aus bekämpfteMenzel Goethes Nniversalismus nnd Goethes Heidentum, weil erdie Deutschen germanisch und christlich haben wollte. Aber alsgeschickter journalistischer Klopffechter, der er war, wußte er denHandel von dem poetischen uud nationalen Standpunkt hinüber-zuspielen auf den moralischen, wo er gewiß war, alle besorgtenMütter und alle prüdeu alten Jungfern beiderlei Geschlechts, dasganze Philisterium und Moralpfaffentnm für sich zu haben, ob-gleich er Goethe auch selber wieder der Philistern und des Spieß-bürgertums beschuldigte. DieWahlverwandtschaften", die wirheute einfach ästhetisch genießen und würdigen, ohne irgendwie sitt-lichen Anstoß daran zu nehmen oder uns moralisch darüber zueutsetzeu, gaben dazu vor allem eine willkommene Handhabe; auch