Druckschrift 
Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
214
Einzelbild herunterladen
 
  

214

1830 bis 1818: Die religiöse Bewegung.

'nicht specifisch konfessionell und kirchlich war, sondern eher allgemeinchristlich mit mehr oder weniger Pietistischer Färbung genanntwerden mag. Vielleicht haben Herrnhutsche Einflüsse, auf die ja auchSchlciermachers feine gefühlsmäßige Religiosität zurückzuführen ist,wie zur Entstehung so auch zu dieser allgemein christlichen Haltung derBewegung beigetragen: der internationale Zug, der sie ihre Fädennach der Schweiz, nach England und Amerika ausspannen ließ,stammt wohl eben daher. Eine Art Gegengewicht dazu bildet derspecifisch schwäbische Pietismus mit seiueu zahlreichen originellen/ Charakterkvpfeu und seiner provinziellen Enge uud Selbstgcrechtig-keit, dem wir aber doch nicht vergessen wollen, daß er in dem rhein-bündischen Lande deutschen Glauben nnd deutsche Sittlichkeit mitder diesem Stamme eigeneil Zähigkeit festgehalten hat.

Solche Kreise thaten sich wohl zuerst in Basel zusammen, woUrlspcrger 1780 die deutsche Christentnmsgesellschaft gründete, inElberfeld schlössen sie sich an Krnmmacher und seiuenarkotische"Predigtweise an, in Berlin in den dreißiger Jahren an Goßner,der schon als Katholik in Bayern mit diesen pietistischenBrüdern"sympathisiert hatte. Unter den Universitätslehrern stand der ver-schwommene Tholuck iu Halle dieser Richtung besonders nahe.

Rothe aber, der dieseNeugeburt des deutschen Volkes durchdie Kraft des wieder lebendig gewordenen Evangeliums" freudigbegrüßt hat, klagt, daß dieser junge christliche Geist seine Lebens-fülle nicht habe ausströmen können in große sittliche Ideen nnd Aufgabenund statt eines christlich nationalen Lebens sich auf die Enge der reinprivaten Lebenskreise konsiniert gesehen habe. Das zeigte sich alsbald.

Mit den Traditionen der Brüdergemeinde hing es zusammen,daß die Heidcumissiou eineu Hauptgegenstand des Interesses nndder Arbeit für viele dieser Frommen bildete; man denke nur anBasel und sein Missionshaus oder an Goßner, der von Berlin auseine eigene Mission einrichtete. Aber gab es denn Heiden undUnglänbige nicht anch in der Christenwelt selber? So lag es nahe,der äußeren eine innere Mission an die Seite zu setzen, derenCentralauSschuß uach seinen späteren Statuten es sich znr Aufgabemachte,innerhalb des evangelischen Deutschlauds, sowie unter denim Auslande lebenden Teutschen, durch den Dienst der inneren