Druckschrift 
Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Seite
233
Einzelbild herunterladen
 
  

Die Kirchenpolitik des Königs.

233

Anfangs hatte er voll schönen Vertrauens Preßsrciheitgeben wollen, bald aber glaubte er, erbittert über diese ihmganz unverständliche und für völlig unberechtigt geltende Oppo-sition und gereizt durch Angriffe und Verhöhnung gegen feinePerson, die er sich namentlich anch durch eine dem DichterHerwegh vorschnell gewährte Audienz zuzog, das freie Wortuicht mehr dulden zu können und ließ daher die Censur aufs ueueihres undaukbareu Amtes walten. Dadnrch kam in der längstschon politisch geschulten und an deu Kampf mit der Censur ge-wöhnten Litteratur wieder einmal jene Virtuosität des indirektSagens in Aufnahme, die am geistvollsten und würdigsten vonD. Fr. Strauß in seiner SchristJulianus Apoftata, derRomantiker auf dem Throne der Cäsaren" geübt wurde. Immermehr lernte mau der Censur so oder so eiu Schnippchen schlagen,ihr gegenüber schien jeder Kunstgriff erlaubt, weil er als Kriegs-list und Notwehr angesehen wurde. So wuchs die Opposition uud nahm eiue immer leidenschaftlichere uud bösartigere und, wie wir sehenwerden, teilweise auch schou eiue socialistische Färbung an. DaßFlüchtlingsverbitterung und Flüchtlingsmalice von außen her hetzendund schürend mit am Werke war, machte die Sache noch drohenderund gefährlicher.

Die Kirchenpolitik des Königs.

Aber nicht uur in politischer Beziehung wurden Fehler überFehler gemacht und eine immer unversöhnlichere Opposition in dieWaffen gerufen: auf religiösem und überhaupt auf geistigem Gebietwar es ebenso. Wir haben gesehen, daß gerade in kirchlichenFragen Friedrich Wilhelm IV. schon als Kronprinz seinen Ein-flnß entscheidend und verhängnisvoll im Siuu einer ganz bestimmtenParteitendenz znr Geltung zn bringen gewußt hatte. Diese Tendenztrat uns dann auch bei der Ernennung Eichhorns an AltensteinsStelle und iu der Zurücksetzuug Johannes Schutzes hinter eineinEilers entgegen. Das Beste dabei war wohl die Unfähigkeit dieserneuen Männer, etwas Positives zu schaffen und zu organisieren;uur in Personensragen konnten sie für ihre Absichten etwas leisten,indem sie nachGcsiunuugstüchtigkeit" in ihrem Sinn die höhereu