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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Das Erbkaisertum und Friedrich Wilhelm IV.

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Deutschen, die die Versammlung so breitspurig und langweilig, sodoktrinär und gründlich, in echt deutschem Drang nach Sicher-stellnng der individuellen Freiheit beriet; aber vor allem doch umdie gar nicht individuelle, sondern um die große uatiouale Frageder Einheit, der Gestaltuug des deutscheu Volkes zu einem Ganzen.Sobald man aber dieses Problem anfaßte, stieß man auf eiuhistorisch Gegebenes, auf die Schwierigkeit des deutschen DualismusOsterreich nnd Prenßen, zwei Großmächte, von denen nur einePlatz haben konnte am Steuerruder des Schiffes uud auf dieSchwierigkeit des alteu deutscheu Föderalismus: wie war eine staat-liche Einheit möglich von vielen souveränen oder doch souverän sichdünkenden Staaten? 1815 hatte man eine Lösung versucht, diekeine war und keine sein konnte: für beide Großmächte den Platzoffen zu lassen, wobei freilich doch die eine es war Preußen zu kurz kommen mußte, und die Einheit aller so lose als möglichzu gestalten, damit ihr zu lieb keiuer das Opfer seiner Souveränetätzu bringen habe. Aber was dabei für diese Einheit und was fürDeutschlands Ansehen und Machtstellung und vor allem was dabeifür das Volk selbst herauskam, das hatten 33 Jahre Buudestags-jammer gezeigt. Wollte man also mehr als dieses Staatenbündel und man wollte mehr, so gab es nur eine Lösung, die-jenige, ans die schon Paul Pfizer uud zuletzt noch Karl Mathy hingewiesen hatte die Einigung unter Preußens Führung und,entgegen dem ersten Verfassnngsentwurs Dahlmauns, die völligeHinausdrängung Österreichs ; denn nur jenes war eine wahrhaftdeutsche, dieses dagegen eine zu zwei Dritteilen undentsche Macht.

Allem gegen diese Lösung lehnten sich rechts und links dieParteien auf, und so kam es zu der Scheidung in die beidengroßen Grnppen der Großdeutschen und der Kleindentschen. DieGründe dieser großdentschen Partei waren teilweise ganz idealerNatnr, so wie sie am glänzendsten nnd gemütvollsten Uhland ent-wickelt hat, der in der Kaiserfrage durch und durch Romantiker war.Bei ihm erscheint mitten uuter staatsrechtlichem Deduktionen und prak-tischen Erwägungen plötzlich der Satz:Die deutschen Wahlkönige,erblich, solange das Geschlecht tüchtig war, fallen nicht unter die kon-stitutionelle Staatssorm; es wareu iu lauger Reihe Mäuuer vou Fleisch