Reformbewegungen in Kirche und Schule.
291
danken wie überall, Wünsche die auf Freiheit namentlich von derKirche und auf größere Einheit abzielten. In der Nationalver-sammlung dachte mau sogar daran, ein allgemeines deutschesSchulgesetz auszuarbeiten; doch überwog schließlich die Meinung, dieRegelung des Schulwesens den Eiuzelstaateu zu überlassen, dadasselbe „auss innigste mit dem individuellen Geiste der Stämmeund mit der relativen BildungSstuse derselben zusammenhänge";und so beschränkte man sich aus jene allgemeinen Grundsätze, wiesie in den oben mitgeteilten Paragraphen niedergelegt wurden uudwie sie dann — natürlich — Papier blieben.
Immerhin bildeten die in zahlreichen Petitionen an die National-versammlung und in Bersammlungen und Reden zur Aussprachekommenden Wünsche nnd Reformgedanken teilweise „schätzbaresMaterial" für die Zukunft. Am meisten gilt dies von den Reform-bestrebungcn auf dem Gebiet der Mittelschulen. Von besonderemInteresse waren die Perhandlungen der sächsischen Gymnasial-lehrer, weit hier in Hermann Köchly ein wirklicher Gymnasial-reformer zu Worte kam, der vorher schon den Kampf begonnen hatteund jetzt die Zeit zur Durchführung einer wirklichen Schulreform ge-kommen glaubte. Auf der Leipziger Versammlung im Juli 1848entwickelte er seine Anschauungen: das alte Gymnasium sei eineLateinschule, sein Prinzip die lateinische Sprachbildung gewesen,darin habe es seinen Mittelpunkt gehabt. An die Stelle dieserEinheit sei aber längst Vielheit und Zerfahrenheit getreten. Dahersei ein nener Mittelpunkt zu suchen nnd das sei — das Deutsche;um dieses müssen sich die übrigen BildungSmittel gruppieren, ausder einen Seite Mathematik uud Naturwissenschaften, auf deranderen die historisch-ethischen Disciplinen; so erst sei das Prinzipdas modern-universelle. Daraus ergebe sich dann als Zweck deraltklassischen Studien die Erkenntnis des Griechen- und Römer-tumS in seiner weltgeschichtlichen Bedeutung aus den Quellen nnddnrch sie: könne man das nicht erreichen, so müsse man den alt-klassischen Unterricht ganz aufgeben. Jedenfalls aber folge darausdie Gleichstellung des Griechischen mit dem Lateinischen und derWegfall des Lateinischsprechens nnd des lateinischen Aufsatzes; auch
dürfen die alten Sprachen nicht vor dem 14. Jahre beginnen und
19*