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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Reaktionäre Schulverwaltung.

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ihrer persönlichen Überzeugung willen unter ihm sich haben Maß-regelung oder Zurücksetzung gefallen lassen müssen: er machte viel-fach Anstellung und Beförderung von Lehrern nicht von ihrenwissenschastlichen und pädagogischen Leistungen, sondern von ihrerStellung zu Religion und Kirche abhängig und legre dabei denHauptwcrt auf das kirchliche Bekenntnis und die Teilnahme amkirchlichen Leben, Durch diese Art zu christiauisiereu mußteu dannnotwendig schwache Charaktere zur Heuchelei und starke Natureuerst recht in die Arme der schärfsten Opposition getrieben undbitter gemacht werden.

Viel glücklicher als in dieser auf Christianisierung abzielendenBehandlung und Mißhandlung von Menschen war Wiese in denans Vereinfachung des Unterrichts berechneten Verordnungen undReformen. Die MaturitätsprüsungSordnnng von 1856 hielt imganzen am bewährten Alten fest, nnd der Gründling von christlichenPrivatgymnasien trat er ausdrücklich entgegen. Die schon in denvierziger Jahren erhobenen Klagen über den unchristlichen Geistder höheren Schulen und der philologischen Lehrer wurden aufKirchentagen und Pfarrkonferenzen wieder aufgeuommeu uud durchden denunziatorischen Hinweis aus die durch ihn verschuldeteRevolution uuu erst recht eindringlich und nachdrücklich geinacht.Aus diesen Kreisen heraus kam man dann auf deu Gedanken, denunchristlichen Staatsgymnnsien christliche Privatgymnasien entgegen-zustellen. In Königsberg plante man ein preußisches Natioual-gymnasinm, ans dem die Jugend zu wahrer Gottesfurcht und znmPatriotismus erzogen werden sollte. In Stuttgart wurde einPrivatgymnasium auf dem Grunde des christlichen Bekenntnissesund in der Kraft des christlichen Geistes" ius Leben gernfen.Dem evangelischen Gymnasium in Gütersloh aber, der wichtigstenGründung dieser Art, gab Friedrich Wilhelm IV. selbst die Weihe;bei seinem Bestich der Anstalt sprach er die bezeichnenden Worte:Es liegt in Ihrem Unternehmen eine schwere Anklage gegen dieandern Lehranstalten; aber sie ist gerecht und wohlbegründet; mankann sie nicht oft genug wiederholen. Viele dieser Anstalten sindglaubenSbar. Mau darf dies gerade in unserer Zeit aus falscherWeichlichkeit uicht verschweigen. Ich bin für Ihr Unternehmen mit