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1848 bis 1871: Die Reaktion der fünfziger Jahre.
meinem ganzen Herzen; es mnß durchaus unterstützt werden."Allein eben gegen diesen Anspruch besonderer Christlichkeit undjenen vom König ausdrücklich erhobeueu Vorwnrf, der schou iuder Gründung solcher „christlicher" Anstalten für die anderen allelag, glaubten die Gymnasiallehrer protestieren zu müssen. DieErlanger Philologenversammlung von 1851 nnter Führung vonWiese uud Eckstein, von Nägelsbach uud Bäumlein erhob dagegenEinspruch und wollte auch deu alten Gymnasien das Prädikat derChristlichkeit nicht absprechen lassen. Ganz recht hatten sie, wennsie betonten und es historisch begründeten, daß „das Verhältnisder klassischen Litteratur zum Christentum nicht als ein feindlichesbetrachtet werden müsse". Das konnte nur ein dem mittelalter-lichen Mvnchtnm verwandter Pietismus behaupten. Dagegen wares nur halbe Wahrheit uud lag nicht so einfach, weuu die inErlangen Versammelten die Berechtigung der klassischen Litteraturals einer „Vorstufe des Christentums" erweisen und so den Streitund Gegensatz schiedlich friedlich beilegen wollten. Zwei Jahrenach einer gescheiterten Revolution kommeu eben nicht die freiestenGeister, sondern — so war es auf den Kirchentagen — diereaktionären oder gnnstigstensalls — so war es in Erlangen — dievermittelnden nnd halben Elemente zu Wort. Unzweifelhaft haben sicyaber jene Männer ein Verdienst erworben, daß sie den schlimmstenAngriffen der Reaktion auf die höheren Schulen durch ihreTaubeneinfalt, die sich iu diesem Fall wie Schlangenklngheit aus-nahm, die gesährlichste Spitze abbrachen. Das soll auch Wieseunvergessen seiu, und ebenso seinem Minister v. Räumer, der beider Eiusühruug Wieses in das Ministerium ausdrücklich hervorhob,„nur Beschränktheit könne behaupten wollen, daß eine tüchtigewissenschaftliche Ausbildung durch das klassische Altertum der Er-ziehung der Jugend zn gottesfürchtigen Menschen hinderlich sei."Und ebenso ist es das Verdienst Ranmers, daß er die aus Leipzig vertriebenen Philologen Haupt, Iahn und Mommsen 1853 und 1854für Preußische Universitäten gewann, trotz „aller Schwierigkeitennnd Bedenken, welche sich der Berufung dieser drei Gelehrten erstenRanges entgegenstellten".