Die Poesie der fünfziger Jahre: Lyrik und Epik.
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Brantsahrt und von Scheffel der Trompeter von Säkkingen, ge-sünder und poetischer beide, der letztere auch studentisch frisch undforsch und durch Humor uud echte Lyrik mit Amaranth auf denersten Blick gar nicht zu vergleichen. Aber wenn am Schluß derPapst den Spielmann Werner zum Marchese Camposautv ndelumuß, damit zwischen ihm und des Freiherrn Tvchterlein Margarethaleine revolutionäre Mesallianee geschlossen wird, so enthüllt sich dochauch da etwas von der kontrarevolntionären Tendenz, nnd der Freiherrbekommt schließlich doch recht mit seiner „theoretischen Entwickelung":
Die Natur hat feste Linien
Weislich um uns all gezogen,
Jedem ist der Kreis gewiesen,
Drinn gedeihlich er mag walten.
Seit das heil'ge römische Reich steht,
Steht in ihm der Stände Ordnung,
Adel, Bürgersmann und Bauer,
In sich selber abgeschlossen,
Aus sich selber sich erneuernd,
Bleiben sie gesund und kräftig,
Jeder ist alsdann ein Pfeiler,
Der das Ganze stützt, doch nimmer
Frommt ein Durcheinanderschütteln.
Wißt ihr, was daraus hcrvvrsprießt?
Enkel, die von allem etwas
Haben und im ganzen nichts sind;
Flaches, inhaltloses Mischvolk,
Schwankend, losgerissen von der
ltberliefrung festem Bodens
Ganz, scharfkantig muß der Mensch sein,
Seine Lebcnsrichtnng muß ihm
Schon im Blute liegen, als ein
Erbteil früherer Geschlechter.
Drum verlanget für die Heirat
Standesgleichheit unsre Sitte,
Und die Sitte ist Gesetz mir,
Über seine feste Mauer
Soll kein fremder Mann mir klettern,
Item, drum soll kein Trompeter
Um ein Edelfräulein frei'n!Diese im Grunde doch recht nichtssagende nnd geistesarmcReaktionsepik der fünfziger Jahre spukt iu der auflagereichen Dichtungvon Webers „Dreizehnlinden", die sich bandwnrmartig und lang-weilig dahinzieht, noch bis in unsere Gegenwart herein.