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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1848 bis 18711 Die Reaktwn der fünfziger Jahre.

schimmlicht gemacht. Er läßt Leonidas mit seinen gefallenenTapfern, das Schwert noch krampfhaft in die Faust gepreßt, inherrlichem Zuge zur Unterwelt wallen, dann stoßen sie auf Abrahamnnd Sarah und müssen sie küssen. Seiue poetische Theorie ist:alles Große uud Schöue auch aus der profanen Welt soll Stoffder Poesie sein, aber nur sofern es dnrch eine ausdrückliche Be-ziehung auf das Christliche geheiligt ist: er sagt zum Dichter: Preiseimmerhin Griecheulnud iu seiuer Herrlichkeit, aber bedaure amSchluß des Gedichts lebhaft, daß Athen keinen Stadtpfarrer hatte,daß Homer kein Gesangbuch schrieb uud Achilles keineu Konfirmations-nnterricht genoß. Nichts soll in sich, in der Grenze und Bestimmt-heit seines Wesens Teil haben an Gott, es soll erst dieser Thranpriesterlicher Salbung, dieses Christoterpentinöl darüber gegossenwerden." So frivol durfte man mit Julius Sturm oder KarlGerok iu deu fünfziger Jahren nicht umspringen, wobei freilichauch zu ihreu Guusteu ius Gewicht fällt, daß Sturms Liederinniger nnd tendenzloser nnd Gervks Poesie weit weltförmiger undfreier war als Knapps in der Chriftoterpe veröffentlichte christ-liche Gedichte.

Im übrigen aber sah es um die Poesie dieser Zeit traurig

geuug aus. Das Miserabelste stelle ich gleich voran es ist

Amaranth von Oskar von Nedwitz. Hier war es freilich aus mit

jener politischen Aktualität der vierziger Jahre, und doch war auch

das Tendenzpoesie: weil die wälsche Ghismonda freigeistig nnd

pnntheistisch ist nnd nicht die gehorsame Magd ihres EhegemalS

werden will, wird ihr der brave deutsche Jüngling untren und

wendet sich der keuschen, frommen nnd hansmütterlichen Amaranth

zu. Das ist uoch einmal Romantik, Verherrlichung mittelalterlicher

Anschauungen, mittelalterlicher Frömmigkeit und Miune, aber kraft-

und fast- nnd geistlose Romantik bis zur Uuerträglichkeit

Im Erker sitzet Amaranth

Und stützt ihr Käpschcn in die Hand

das steht Wörtlich da, sadestes Zuckerwasser mit Süßholzsast,magcnverderbend, oder wie Bischer von all den Jahren sagte, in derThatbrecherisch".

In diese Reihe gehören anch von Roqnette Waldmeisters