J34 1848 bis 1871: Die Reaktion der fünfziger Jnhre.

eingedrungen, strebte überall nach genetischer Erkenntnis und operierteauch hier mit dem durch Hegels Philosophie ohnedies zum Gemeingutgewordenen Begriff der Entwickelung, Der Gegensatz von Naturnnd Geschichte, von naturwissenschaftlicher und historischer Auffassungder Dinge strebte energisch sich auszugleichen. In den beidenBegriffen des Mechanischen und des Teleologischen schien er unüber-brückbar. Da kam Darwin und suchte auch das Zweckmäßigenatürlich zu erklären. Seiner Lehre gebührt, ob sie nun neu waroder nicht, jedenfalls nach Goettes Ausdruck das Verdienst, „dieWahrheit der Descendenz evident gemacht zn haben". In all-mählicher Entwickelung sollten die mannigfaltigen Gattungen undArten der Tierwelt auseinander entstanden uud dabei die zweiPrinzipien der Vererbung der gesamten elterlichen Organisationund der unbegrenzten Veränderlichkeit der Organismen thätig ge-wesen sein: im Kampf ums Dasein, durch Zuchtwahl und natürlicheAuslese, durch Anpassung der Organismen an immer neue Lebens-bedingungen haben sich dann im Laus der Jahrtausende unsereheutigen Arten gebildet; uud was von den Tieren galt, konntenatürlich ebenso auch auf die Pflanzenwelt übertragen und auchauf sie die Descendenztheorie angewendet werden.

Das Aufsehen, das diese Lehre machte, war ungeheuer, dasLicht, das sie verbreitete, wurde wie eine Offenbarung empfunden;weil man sie aber teilweise auch wie eine solche hinnahm undunbesehen auf alle Gebiete des Lebens übertragen wollte, blendetees auch wohl. Wir haben aber in diesem Zusammenhang nur vonder Hilfe zu redeu, welche der Darwinismus im Augenblick seinesErscheinens dem Materialismus leistete: eine Lücke war durch sieausgefüllt, sie zeigte nach Helmholtz, „wie Zweckmäßigkeit der Bildungin den Organismen auch ohne alle Einmischung von Intelligenz,durch das bliude Walten eines Naturgesetzes entstehen kann". Undauch über eine zweite Lücke, die zwischen Tier und Mensch, wurdenicht nur durch die vorschnellen Schlüsse seiner materialistischen An-hänger, sondern auch schon durch ihn selbst, der doch anerkannter-maßen ein überaus besonnener und maßvoller Forscher war, dieBrücke geschlagen, wenn er sagt: „Die größte Zahl der Natur-forscher ist Blumenbach und Cuvier gefolgt und hat den Menschen