Schopenhauer.
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selber ein Mensch voller Widersprüche und sein System eben nurder ganz intime Ansdruck dieser seiner widerspruchsvollen Persön-lichkeit war. Schopenhauer ist Kantianer, als den wahren undeinzigen Thronerben Kants hat er sich stets gefühlt und betrachtetund als solchen sich selber auch laut proklamiert. Darum ist seinePhilosophie erkenutuistheoretischer Idealismus. Die Welt ist meineBorstellung! oder kein Objekt ohne Subjekt! so hat er denselben treffendnnd scharf formuliert. Mit Hilfe des Satzes vom zureichenden GrundealS des Prineipinms essend!, tieucli, iiA-eircki und eoAnosvencli webenNur unS den vierfachen Schleier der Maja, der diese Bewußtseins-und Erscheinungswelt als eine wirkliche uuS vorspiegelt. Darin abergeht Schopenhauer doch weit über Kaut uud Fichte hinaus, daßer diese Sinnenwelt, die zunächst nur iu dem vorstellenden Sub-jekt existiert, den Gebilden unserer Träume allzu nahe rückt, sodaß zwischen dem, was wir träumen, nnd wachend erleben, eine festeScheide- und Grenzlinie nicht zn ziehen ist. Schon das erinnertuns daran, daß diese jetzt in Mode kommende Philosophie in Wahr-heit älter, ein Kind der romantischen Periode und mit Novalis 'magischem Idealismus an eiuem Stamme gewachsen war. AuchSchopenhauers steigende Gläubigkeit und Kritiklosigkeit gegen „dasGeistersehen uud was damit znsammenhängt" deutet aus diese Her-kunst hin, empfahl aber dann im Zeitalter des Tischrückens auchvon dieser Seite her seine Lehre.
Aber — uud damit kommen wir zum zweiten — ist denndiese Wett nichts als Vorstellung? ist nicht etwas anßer und hinterihr, eiu wahrhast Seiendes, ein Ding an sich? und wenn ja, waskann das sein? Um hinter dieses metaphysische Rätsel zu kommen,weiß Schopenhauer doch keinen andern Rat, als der von ihm sohart gescholtene Fichte: ins Ich muß man hinabsteigen, dort ist,wenn irgendwo, das Ding an sich zn finden, nicht wie Kant meintaußer uns, sondern jeder hat es in sich selber. Unser Leib ist unsnicht uur als Vorstellung gegeben und als Objekt unter Objekten,sondern zugleich auch als jenes jedem nnmittelbar Bekannte, welchesdas Wort Wille bezeichnet; der Leib ist nichts anderes als der ^objektivierte, d. h. der zur Vorstellung gewordene Wille, die Objektitätdes Willens selbst. Also das Ich ist Wille. Doch nun kommt