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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Nach 1871: Der Kulturkampf.

deutsche Reich und hat mit ihnen und durch sie auch der Pro-testantismus in diesem Kulturkamps allerdings doch erlitten. Diekatholische Kirche ist im wesentlichen siegreich uud, was uoch vielmehr bedeuten will, innerlich gestärkt daraus hervorgegangen.Katholisch ist Trumpf" im deutschen Reich, das Centrum die aus-schlaggebende Partei im Reichstag, ein Ultrnmvntaner führt dortseit 1895 das Präsidium, uud die in den Landtagen von Preußenoder Bayern , von Baden oder Elsaß-Lothringen alljährlich sich wieder-' holenden Klagen über mangelnde Parität erinnern mir noch an dieLiraeelii cle seclitione Mereiitss. Die Annahme der Francken-steinschen Klausel, die den Einzclstaaten den die Summe vou130 Millionen Mark in einem Jahre übersteigenden Betrag derZölle und Tabaksteuern überwies, leitete diese Machtstellung desCentrums im Jahre 1879 ein, und noch im Jahr 1898 erwies es sichbei der Annahme des Flottengesetzes als die ausschlaggebendePartei. Die Spaltung, die dabei eintrat und zum erstenmal diesenstarken Turm uach außeu hiu geborsten zeigte, läßt zwar austiefere Gegensätze schließen, und die gonvernemental-staatsmännischeHaltung wird es uoch rascher zersetzen, als dies einst bei dernationalliberalen Partei der Fall war, weil sie bei ihm nach seinerganzen Vergangenheit völlig wider die Natnr geht; aber das Endedes Jahrhunderts wird das Centrum uoch einheitlich und geschlossenbei einander sehen und Windthorsts Epigone Lieber wird, wenn eres erlebt, wohl auch da uoch der ausschlaggebende Mann sein undsich als solcher fühlen.

Erfolge nnd Folgen des Sieges. -

Daß freilich auch hier die Bäume nicht ganz in den Himmelwachsen, das hat das Scheitern des konservativ-klerikalen Schul-gesetzes unter dem Freiherrn von Zedlitz-Trützschler als Kultus-minister im Jahr 1892 und das Scheitern der ultramontan ameu-dierten Umsturzvorlage im Jahr 1895 gezeigt: in beiden Fällenhandelte es sich um Angriffe aus geistige Mächte auf die Schuleuud die Freiheit der Wisseuschast. Vielleicht kauu man darausschließeu, daß der Staat vor allem deshalb im Kulturkampf unter-legen ist, weil er ihn in der Person Falls in der That zu juridisch