Die National-socialen.
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setzen sich mit ihnen sachlich auseinander nnd sympathisieren mitihnen, wo sie ihnen im Recht zn sein scheinen. Das Wort Göhres,der selbst drei Monate als Fabrikarbeiter lebte nnd dabei die An-schauungen nnd Bedürfnisse des vierten Standes näher kennenlernte: „es muß der Grundsatz durch uns zur Thatsache gemachtwerden, daß auch ein Socialdemokrat Christ und ein Christ Social-demokrat sein kann", ist für diese Bestrcbnugen namentlich in denReihen der jüngeren protestantischen Geistlichkeit charakteristisch.Praktisch ist sreilich gerade über diesen Grundsatz der Gleichberech-tigung und Bündnisfähigkeit noch am meisten Streit; hat sich doch beiden Wahlen von 1898 selbst die süddeutsche Volkspartei iu Frankfurt mit allen andern gegen die Socialdemokratie oerbündet, weshalb sie sichnun auch mit alleu andern von dieser zur reaktionären Masse rechnenlassen muß. Dagegeu ist Hans Delbrück bei den Preußischen LandtagS-wahlen entschieden für eine solche Anerkennung und Verbindungeingetreten; aber sein Rat: „zum Reichstag müßt ihr rechts wählen,zum Landtag links", wird wirklich nnr von wenigen begriffenwerden und namentlich die Socialdemokraten selbst nicht sonderlichbefriedigen. Immerhin tragen schon die Debatten über diese Fragezur Annähcrnng und gegenseitigen Verständigung bei; und daraufhinzuarbeiteu ist doch für alle diejenigen Pflicht, welche einefriedliche Lösung und die Ausgleichung auch dieses schroffstenGegensatzes wünschen.
Weil aber vielfach Geistliche, wie Stöcker, Naumann, Göhre, Wenck,die Träger der christlich- und national-socialen Bewegung sind, sohaben auch geistliche Behörden dazu Stellung genommen. Aberauch sie mit ebenso wenig Glück wie aus katholischer Seite derPapst. 1890 hatte der evangelische Oberkirchenrat in Berlin einenErlaß an die preußischen Geistlichen ausgehen lassen, in dem erdiese unter dem Einfluß der socialen nnd resormsreuudlicheu Strömungjener Tage an ihre socialen Pflichten mahnte und zur Beteiligungan der socialen Arbeit aufforderte: selbst davon war die Rede, daßauch die Kirche es sich angelegen sein lassen solle, den berechtigtenBedürfnissen der Arbciterwelt Abhilfe zu schaffen und der Aus-beutung ihrer Arbeitskraft vorzubeugen. Wie nun aber durch die
um Nanmann die schärsere Tonart obenans kam uud Pastoren
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