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Nach 1871: Äs sisols"
behrungeu und begehrlicher nach Genuß und Reiz. Ganz besondersaber verdanken wir jenem Bnnd die Überwindung von Raum uudZeit durch Dampf und Elektrizität. Dadurch vollzog sich ein Um-schwung, der nach einem Wort von Gcrland unserem Jahrhundertgeradezu das Gepräge giebt: Dampfmaschine, Fabrik, Arbeiter-bevvlkerung uud sociale Frage; Lokomotive, Eisenbahnen, Pro-dukteuverkehr und Bevölkerungsverschiebuugeu; Telegraph undTelephon, Welthandel und Weltverkehr, Zeituugswesen und Presse— das alles gehört aufs engste zusammen. Die Mensche» sindsich dadurch uüher gerückt, sind aufeinander hingewiesen, vieletrennende Schranken sind gefallen; aber auch die Reibungen werde»häufiger, das Leben hastiger und immer hastiger, man ist nicht mehrbei sich zu Hause, wird nicht heimisch nnd kommt nicht zn sichselbst, deshalb hat auch die Eisenbahnzeit über die Ortszeit gesiegt.Daß die Welt unter dem Zeichen des Verkehrs steht, ist zwar einTriumph der Technik und ein Beweis des Fortschritts, kommt aberihrem Innenleben nicht im gleichen Maße zu gut; die Zeitungentragen Bildungskcime in die abgelegensten Dörfer, aber sie schädigenauch die Bildung uud machen sie flach und individualtos. Nndnoch nach einer andern Seite haben wir den Nanm „überwanden":neben dem Teleskop steht das Mikroskop und enthüllt nns eine ganzneue, die Welt des unendlich Kleinen. Und das weckt auch den Sinnfür dieses Kleine, in der Natnrwissenschaft versteht sich das von selbst.Aber nicht nur sie, auch die Geisteswissenschaftcn, die Geschichte, diePsychologie, sind mikroskopisch geworden; die Einzelforschung wirdhöher geschützt als die zusammenfassende Darstellung, die oft wie einUnwissenschaftliches und Dilettantisches angesehen wird; man vergißt,daß jene doch nnr Mittel und z. B. in der Geschichte die Darstellungdas Höhere und überdies das künstlerisch Schwierigere ist. Ja selbstdie Kunst kann sich diesem Mikroskopieren nicht entziehen, auch sielernt achten aus das Kleine und Verborgene und setzt au die Stelleder ans der Oberfläche liegenden, dem unbewassueten Auge sicht-baren Motive und Gefühle die zerfasernde psychologische Aualyseund das Eindringen in die tiefsten Tiesen des Seelenlebens, in das,was unbewußt auf ihrem Grunde mitschwingt. So intim hängthier das Äußere mit dem Inneren, das Mechanische mit dem