1800-I81V.
Die neugewonnene Gabe der Anschauung bewährte Friedrichde la Motte Fouaue (1777—1843) zwar nicht in seinen Ritter-romanen und nordischen Dramen, wohl aber in dem reizendenMärchen „Undine" (1811). Diese liebliche Verkörperung der fließen-den Welle, die menschliche Dauer erhalten will, ist angeschaut; unddie glücklich erfundene Gestalt hat in Schwinds und GrillparzersMelusine, iu Audersens kleiner Seejungfrau, in HauptmannsRautendelein mancherlei Schwestern erhalten, ohne verdunkelt zuwerden. Und Kühleborn, der strenge Hüter seines Elements, istnicht minder wahr, wahr wie eine Gestalt echter Mythologien, wieein Meerwunder Bocklins.
Dann wieder zwei Männer der Agitation. Friedrich Lud-wig Iahn (1778—1852) hat sich allmählich iu eine mythischeRolle hineingeredet: er glanbte wie. ein Barde der KlopstockischenGelehrtenrepublik in hochgesetzten Orakeltönen predigen zu müssenund gewöhnte sich auch für seine Person eine affektierte Haltungan, die seinem Bild bei der Nachwelt schadete. Von Haus ausaber entbehrte der Turnvater keineswegs einer kräftigen volkstüm-lichen Beredsamkeit. Wo ein würdiger Gegenstand ihn entflammte,wie in dem vielgepriesenen Nachruf auf seinen jung gefallenenFreund Friedrich Frieseu, da tönte sein Wort hell nnd klar wiedas Schwert am Schild. Seiu „Deutsches Volkstum" (1810)bleibt immer reich an originellen, wenn auch oft allzu originellenAnregungen, an kräftigen Wendungen. Neben Arndts machtvolleFlugschriften, neben Kleists leidenschaftliche Aufrufe darf man esfreilich nicht stellen, weil ihm Kleists poetisch loderndes Feuer sogut wie Arndts gesunde Klarheit und sein Heller praktischer Ver-stand fehlten. Den Chauvinismus wollen wir dem „Alten im Bart"am ersten verzeihen, auch wo er in ein gefährliches Kraftburschen-tum ausartete. Eben erst (1808) hatte Fr. Schlegel in der geist-reich beredten Schrift über „Sprache und Weisheit der Inder" dassanfteste, thatenscheueste aller Völker den Deutschen zum Musterbildaufgestellt, und eine leidenschaftliche Schwärmerei für die „stillen,schönen Menschen", die noch Heine „vor Lotosblumen knieen" läßt,war ausgebrochen; es konnte nicht schaden, wenn da gerade jetztder Erzieher der deutschen Jugend alle Bildung der Zeit ziemlichenergisch beiseite schob. Auch meinte er es nicht so ernst undlobte noch viel zu viel Bücher als gute Volksnahrung.
Neben den weltlichen Volksredner stellen wir einen geistlichen: