Druckschrift 
Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Entstehung
Seite
45
Einzelbild herunterladen
 
  

Adelbert v. Chnmisso, 45

Vergeltung"). Mit einem Schlag war der geborene Franzoseder volkstümlichste Dichter Deutschlands geworden. Als er zueinem neuen Musenalmanach (18301833) schreitet, finden sichalle bedeutenden Namen ein: Goethe selbst, A. W. Schlegel, Fouqus,Eichendorff , Rückert, Arndt; und nebeneinander, freilich nur aufkurze Zeit, die Schwaben: Uhland , Kerner, und ihre österreichischenFreunde Lenau und Anastasius Grün und Heinrich Heine , denChamisso eigentlich erst entdeckt hat. Dazu kommen die Jüngsten:Jmmermann, Hoffmann von Fallersleben , Holtet, später Gaudy.Zum erstenmal war die ganze lebendige Lyrik Deutschlands ver-einigt. Freilich schon 1836 bringt der Streit zwischen Heine undden Schwaben die in Deutschland unvermeidliche Spaltung hervor:Chamisso aber blieb beiden Teilen der verehrte Führer. Und alsein glücklicher Liebling seines Volkes ist er, dankbar für so vielLiebe, am 21. August 1838 gestorben. Vielleicht nur noch einemdeutschen Lyriker war es vergönnt, so wie er in dem Bewußtsein,geliebt zu sein von seinem Volke", dahinzugehen: Freiligrath , zudessen ersten Gönnern auch wieder Chamisso gehörte.

Nicht mit Unrecht ward Chamissos Peter Schlemihl" welt-berühmt. Bei deutschen Träumern, englischen Realisten und fran-zösischen Psychologen machte er sein Glück. Er war nicht nurkünstlerisch ein Meisterwerk, er besaß auch symbolische Bedeutung.

Dem guten Schlemihl fehlt etwasdas Solide", hat manwohl gemeint. Mehr noch als auf die Mürchenfigur trifft dasauf die Autoren jener Jahrgänge zu. Varuhagen v. Ense (17851858), der Mann des künstlichenGoethischen Deutsch",der Virtuos des Belauschens und Aufzeichnens und Nachschreibens,Rahels sonderbarer Gatte, wirft dann erst recht keinen Schatten.Und erst recht sehlt das Solide dem leibhaften Weltdurchbummlermit den litterarischen Siebenmeilenstiefeln: dem Fürsten Pückler (17851871). Was Jean Paul in seinen Romanen darzustellenliebte, Verbrüderung von Kunst und Natur zu einem höheren Land-schaftsbild, das suchte der reiche Erbe aus der Lausitz an dem Parkseiner Standesherrschaft Muskau zu erfüllen. Es wurde auch er-reicht; aber das große Vermögen des Grafen Fürst wurde ererst 1822 ging darüber in die Brüche. Rasch entschlossen ließer sich von seiner Gattin, der Tochter des Staatskanzlers Harden-berg, scheiden, um in England eine reiche Frau zu suchen; seineGattin, mit der er zeitlebens in herzlichem Einvernehmen blieb,