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1810—1820.
war einverstanden. Als der Plan mißglückte, heirateten sie sichvon neuem. 1845 verkaufte er Muskau und schuf in Vranitz beiKottbus wiederum großartige Parkanlagen. Dazwischen ging er inder Welt spazieren; in Mehemet Alis Reich machte er es sich sobequem wie in England. Als der Krieg mit Frankreich ausbrach,wollte der Sechsundachtzigjährige mitziehen; der schöne Greis mitdem vollen schneeweißen Bart war noch so rüstig, wie der bildschöneJüngling gewesen war, als er die Welt durchwanderte.
Pückler wirkt vor allem durch seine Persönlichkeit. Ein Byron war er zwar nicht, so gern er auch den großen englischen Lord kopierte, der damals Europa bezauberte uud, wie Pückler, sogar diePaschas eroberte. Lord Byron (1738—1824) war ein großerDichter; Pückler war weder groß noch ein Dichter. Aber er besaßeine wunderbare Frische der Wahrnehmung, die durch einen gesuchtblasierten Ton des Vortrags noch pikanter wurde. Als er 1830feine „Briefe eines Verstorbenen" herausgab, entzückte er die ganzeLesewelt. Der Erfolg von Sternes „Empfindsamer Reise" (176S)schien sich zu erneuen; es regnete wieder Reisebilder. Mehr aberals die kosmopolitischen Neisebriese und die geistreichen Reflexionenmachte der Autor Eindruck. Für das „junge Deutschland " ward diecharakteristische Figur Pücklers das stehende Modell ihres nie fehlen-den „geistreichen Edelmannes"; für Herwegh ward „der Ver-storbene" der Typus des hochmütigen Aristokraten, gegen den die„Lieder eines Lebendigen" sich mit pathetischem Protest wandten.
Pückler stellt neben Bettina den Übergang von der jüngerenRomantik zum jungen Deutschland dar. In der Prosa lag dieHoffnung der Zeit, wie die Theoretiker auch bald erkannten. Inder Gesamtentwickelung unserer Litteratur bilden nicht wenige liebens-würdige, zum Teil auch hervorragende Lyriker der nächsten Jahredoch nur eiue Episode. Wer konnte Justinus Kerner (1786bis 1862) seine seltene Kunst ablernen: die, Poesie zu leben?Der schwerfällige Mann, der selbst im Scherz sein breites, welkesGesicht mit der Kürbispflanze verglich, sah trotz dem Glanz seinerkranken Augen so wenig fast wie Uhland einer „idealen Dichter-gestalt" ähnlich; viel eher erinnerte sein Kopf wie der schwereKörper an W. v. Humboldts geistreiches Altweibergesicht. Aberiu diesem Manne lebte und webte nichts als Poesie. Da hausteer in einem malerischen Gebäude unterhalb der Weibertreu, vonBlumen umsponnen, von Vögeln umsungen, im Garten ein Turm,