60 1810—1820.
deutschland verhält man sich gegen sie noch immer so spröde, wiein ihrer Heimat gegen den dritten großen Dramatiker nach Schiller :Heinrich von Kleist .
Ferdinand Raimund (1790—1836) gehört zu der geringenZahl naiver Genies in der deutschen Litteratur. Ganz und garist er aus dem Theaterleben hervorgegangen, und vielleicht hatgerade dies ihn in einer Zeit, in der die Dichter so gern im LebenRollen spielten, vor jeder Affektation bewahrt. Wie so vieleHumoristen: Brentano, Glaßbrenner, Fontane , sollte er als Lehr-ling in ein Geschäft und ertrug es nicht: er wollte auf die Bühne.Seine schwere Zunge hindert ihn; er weiß ihrer Herr zu werdenund wird achtzehnjährig (geboren ist er am 1. Juni 1790 in Wien )bei einer wandernden Trnppe engagiert. 1813 faßt er endlich aufdem Wiener Theater festen Fuß und wird bald ein gefeierterSchauspieler, der sich auch in tragischen Rollen versucht, vor alleinaber in der einheimischen Zauberposse glänzt. Die Schauspielerwaren dort großenteils zugleich selbst Autoreu, wohin schon dieGewohnheit des Jmprovisierens leitete; nach Raimund ist seinGegner und Nachfolger Nestroy ebenso aus der Praxis hervor-gegangen. Den schüchternen Raimund bringt erst ein Zusall zumDichten; es entsteht (1823) „der Barometermacher auf der Zauber-insel". Der Erfolg ermutigt ihn; rasch folgen „der Diamant desGeisterkönigs" (1824), „der Bauer als Millionär" (1826), dann,mit geringerem Beifall, „die gefesselte Phantasie" (1826), „Moi-sasurs Zauberfluch" (1827). Ganz Wien jubelte aber wieder dem„Nlpenkönig und dem Menschenfeind" (1828) zu. Es folgte Raimundsschwerster Mißerfolg, „die unheilbringende Zanberkrone" (1829)— und fein größter Sieg, „der Verschwender" (1833). Aberwährend dies Stück ganz Deutschland mit dem Namen des Dichterserfüllte, nachdem der Schauspieler schon vorher auf weiten GaftreisenRuhm geerntet hatte, steht der Neid vor der Thür und verletztdas empfindliche Gemüt des Dichters mit bitteren Spottworten.Nestroy , dessen abgrundtiefe Frivolität ihm verhaßt war, beginnt,ihn von der Bühne zu verdrängen. In der „Gesellschaft" hatte derEhrgeizige keinen Platz: hatte dem Komödianten doch sogar derVater seiner Geliebten die Schwelle verboten; seit eine andere Ehegelöst war, lebte er ohne den Segen der Kirche mit ihr zusammen.Die Menschenfeindlichkeit seines „Rappelkopf" wird über ihn mächtig.Als ihn ein Hnnd biß, hielt er ihn, mit Recht oder Unrecht,