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diesen Anregungen hervor — dankenswerte Versuche, Opitz undGryphius, Logau und Angelus Silesius dem deutschen Volk vonneuem zu scheuten; aber wichtiger war doch, was der Dichter selbstaus dem Verkehr mit diesen älteren Säugern gewann.
Ferner war der junge Philolog mit einer ganzen Scharjüngerer Dichter zu einem Bnnde zusammengetreten. In diesemBerlin , das gerade damals anfing so beharrlich als die Stadt derUnPoesie, der trockenen Ironie, des Nicolaitismus verschrieen zuwerdeil, stifteten Wilhelm Hensel , der Schwager Felix Mendelssohns,Wilhelm Müller und einige adelige Dilettanten einen romantischenSäugerkreis, dessen „Bundesblüten" (1815) in Verskünstelei undSchauerromantik so „unberlinisch" wie möglich glänzen. Bald folgtein neuer Buud. Im Hause des späten Klopstockianers Stäge-mann (1763—1840), den wir wiederholt als Vermittler zwischenälteren und neueren Dichtergenerationen treffen, bildete dessen TochterHedwig (1800—1891^ den lieblichen Mittelpunkt, eine PoetischeErscheinung, die in ihrer altdeutschen Tracht, mit dem vollenblonden Haar wohl Fouaueschen Träumen von Nitterfräulein zumLeben helfen konnte. Später hat sie den ersten Generaldirektorder Berliner Museen, v. Olfers, geheiratet; wie ihre Mutter, wiesie selbst ist auch eine Tochter, Marie von Olfers (geb. 1826)Dichterin geworden; sie hat auch srenndlich-romantische Novellenverfaßt. Um Hedwig von Staegemann nuu bildete sich ein Lieb-habertheatcr seltsamster Art. Es galt, das wirkliche Leben in einpoetisches Spiel zu übersetzen. Der Salon wandelte sich fürdie Phantasie der Beteiligten in einen Wald; die Tochter desHauses wird „Rose, die schöne Müllerin", Wilhelm Hensel spieltden Jäger, Wilhelm Müller die Rolle, die ihm sein Name anwies.Jeder spielt nun aus dieser Verkleidung heraus iu Liedern, die derbegabte Kompouist Ludwig Berger iu Mnsik setzte.
Wir verweilen einen Augenblick bei diesem höchst charakteristischenSpiel. Wie es eine gefährliche Ubnng geworden war, sich infeststehende Dichterrollen hineinzutäuschen, zeigte Ernst Schulze .Hier wird nun aber das Spiel harmlos als solches gemeint; manverhehlt sich nicht, das; eS nur eine Verkleidung der Wirklich-keit sei. Aber daß eiue solche Bedürfnis ward, ift immer noch„romantisch" genug. Bis iu die höchsten Kreise, die bei uns sonstder Poesie fast am entschiedensten fern bleiben, ging dies Bedürfnis.Wilhelm Hensel , als Maler wie als Dichter nie mehr als ein he-