August Graf v. Platen.
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wegh Platen, wenn er, der Revolutionär, von dein vielgescholtenen
„Aristokraten" sang:
Zelten gewahrt ein Wandrer den Kranz hochgliihendcr Rosen,Den du vor frevelnder Hand unter dem Schueee verbirgst.
Festgegründet steht Platen in seiner antikisierend-idealiftischenWeltanschauung. Scheint er zu schwanken, zu orientalischem Formen-glanz oder zu romantischem Märchenspiel zn irren — es gilt fürihn sein schöner Vierzeiler:
Im Wasser wogt die Lilie, die blanke, hin und her,
Doch irrst du Freuud, sobald du sagst, sie schwanke hin und her.
Es wurzelt ja so fest ihr Fuß im tiefen Meeresgrund,
Ihr Haupt nur wiegt ein lieblicher Gedanke hin und her!
Ja, er war viel zn fest; zu früh hatten sich seine Weltanschauungund seine Kunstlehre zu eherner Härte gefestigt. Seine erstegrößere Reise, in die Schweiz , läßt ihn 1817 als gereiften Künstlerwiederkehren; seine durch emsigstes Feilen erworbene Kunstfertigkeit,der ernste, oft herbe und scharfe Ton, die begrenzte Stoff- undFormenwahl haben sich von da an nur noch gesteigert, nicht verändert.1824 betrat er den Boden Italiens , das ihm längst als gelobtesLand der Schönheit und Harmonie vorschwebte. Aber, wir sagtenes schon einmal, er hatte nicht das Talent des Erlebnisses. Auchdiese Erfüllung seines Lebenswunsches ward ihm kein Ereignis. Erward nur immer starrer in seiner Kunst, seitdem ihn die Entfernungvon der Heimat, von den Freunden, auch von den heftig befehdetenGegnern trennte. Er vereinsamte völlig. Er hatte seine ganzeExistenz der dichterischen Thätigkeit znm Opfer gebracht, sein Lebenunablässigem Lernen gewidmet; es war ihm ernst mit seinem Ideal.Sein Leben aber blieb die Prosa, die er erst in Poesie übersetzenmußte. Nur einen malerischen Tod gönnte ihm das Schicksal, fernvon der Heimat nnter den Palmen von Syratus (5. Dez. 1835).
Einsamer noch und noch unabhängiger hat Annette v. Droste(1797—1848) gelebt und gedichtet. Das fromme westfälische Edel-sränlein bringt den größten Teil ihres Lebens ans dem weltent-legenen kleinen Gut zu, das der Mutter mit ihren beiden Töchterngeblieben war, als sie zu Gunsten des Stammhalters auf ihreErbschaft verzichteten. Oder sie wohnt bei ihrem Schwager, demromantischen Philologen Joseph v. Laßberg (1770 — 1855) der ansder Meersburg am Bodenfee mittelalterliches Bnrglcben zu erneuernfnchte, ein liebenswürdig sonderbarer alter Herr. Mehr noch als