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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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18301840.

Gebirge hervorwächst. Er bleibt doch isoliert und irrt wie einFremder in der Welt umher, unter die gar nicht geniale Mensch-heit verirrt wie ein vom Himmel gefallener Meteorstein. Sie ver-stehen ihn nicht. Hannibal muß sich von dem lächerlichen Des-poten Prusias Vorlesungen über Strategie halten lassen etwawie Grabbe selbst in seinem AufsatzÜber die Shakespearomanie"dem Abgott seiner Jugend wegen mangelhafter Komposition undanderer Gebrechen den Text gelesen hat. Hermann mochte mitseinem Heer Rom zertrümmern, aber seine Leute sehen nur einPaar Meilen weit und ziehen den Siegesschmaus auf dem Schlacht-felde vor; Napoleon wird dnrchVerräterei, Zufall und Miß-geschick" seiner Umgebung gestürzt. Aber das Kleine geht weiter undjubelt an der Leiche des Löwen.Hoch Prnsias, größter derKönige!" rufen die Höflinge nach Hannibals Tod; Hermanns Siegbeschleunigt den Tod des Augustus und spielt dadurch dem HeuchlerTiberius das Scepter in die Hand; und Waterloo bedeutet eineZeitvoll Halbheit, alberuen Lugs und Tandes. Von gewaltigenSchlachtthaten und Heroen wird man freilich nichts hören, destomehr aber von diplomatischen Assembleen, Konvenienzbesnchen hoherHäupter, von Komödianten und Geigenspielern". Grabbe kannteseine Zeit; er wußte, welche Epochen auf den Rücktritt gewaltigerZwingherren zu folgen Pflegen.

Hat nun diese Auffassung, die die gewaltigen Explosionen derWeltgeschichte in den Gang der ruhig gleichmäßige,: Gesamtent-wickelung nur wie Intermezzi einschaltet, etwas Großartiges, so sehltGrabbe wieder in der Ausführung dadurch, daß er auch die großenMomente selbst auf gleichem Fuß mit alltäglichen Vorgängen behandelt.Er hielt sich selbst für einen großen Strategen wie heut der ihm mehr-fach verwandte Bleibtreu und verweilte mit besonderer Lust inder Ausmalung der Gefechte. Wenn nun aber hier rechts Napoleons General Graf Lobau, links Bülow von Dennewitz hält und auf dasKommando des einenSchießt!" der andere erwidert:Gleichfalls",so wird dnrch diese Negation der thatsächlichen räumlichen Abständebeider Schlachtreihen, durch dies Unterdrücken des Lärmes, der demeinen Feldherrn jeden Bezug auf Worte des andern unmöglichmachen muß, das heroische Messen der Kräfte zweier Heere, zweierVölker zu einem Schachspiel zwischen ^ und R herabgesetzt. Aber alleUeberzeugung von der geringfügigen Rolle des Einzelnen kann dieThatsache, daß es heroische Momente giebt, nicht wegschaffen; uud