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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Entstehung
Seite
236
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ZZg 1830-1840.

Vogt von Jasmund" 1859), Hans Hoffmann (geb. 1848) undvor allen Friedrich Spielhagen (geb. 1829) gefolgt.

Endlich gehört in diese Gruppe, über der das DreigcstirnNahel Bettina Charlotte Stieglitz leuchtet, der die Gräfin Hahn nahe stand, noch eine Schriftstellerin, die durch Beherrschung derTechnik alle vier Frauen überragt: Fanny Lewald (18111889).Auch für ihre Zugehörigkeit zu der neueu Richtung zeugt schou ihrLeben. Aus einer angesehenen jüdischen Familie Königsbergs hervor-gegangen, ward sie Schriftstellerin fast durch Zufall: ein Verwandterhatte ihr einen Bericht über die Huldigungsfcierlichkeiten (1841)aufgetragen, und sein Erfolg führte sie auf die Bahn, die sie fast50 Jahre lang mit wachsender Anerkennung schritt. Ihr ersterRoman (Clemeutinc" 1843) ist der übliche Anfängerroman desjungen Deutschland : lauter Tendenz, hier gegen die Konvenienzehe,die (ein neuerdings oft wiederholtes Deklamationsthema) der schlimm-sten Preisgebung gleichgestellt wird. Aber bald treten persönlicheErlebnisse an Stelle der allgemeinen Bekenntnisse. Sie liebte ihrenVetter, den Politiker Heinrich Simon (18051860). Aber der fenrigeIdealist, der seine Hoffnung auf die preußische Führung Deutschlands auch im Schweizer Exil aufrecht hielt, blieb gegen die kühle, klare,kluge Verwandte gleichgültig uud verliebte sich in Jda Hahn-Hahn .Das gab der Nebenbuhlerin Anlaß zu dem satirischen RomanDiogena" (1847), der anch in GutzkowsRittern vom Geiste"eine Rolle spielt. Zwei Geistesrichtungen schieden sich, beide aus demrevolutionären Bedürfnis nach einer neuen Welt geboren: gegenden geistigen Epiknreismus einer nach neueu Schönheiten lüsternenAristokratie des Geistes empörte sich die praktische Menschenfreund-lichkeit einer nach neuen sittlichen Idealen strebenden Demokratin.In dieser Stimmung, aufgeregt im Innersten, in der sie alles ge-sammelt hatte, was sie an Liebeskrast besaß, traf sie (1847) auseiner jener unvermeidlichen Reisen nach Italien den lebhaften,rührigen, liberalen Schriftsteller Adolf Stahr (1805 1376).Auch er ist eine typische Figur mit seinem vom Publikum dankbaraufgenommenen Talent, ftreng wissenschaftliche Forschungen andererzu bequemer Nachtisch-Lektüre herzurichten, mit seiner Sucht, durchauffallende Kunsturteile oder ParadoxeNettungen" des Tiberius und der Agrippina den Schein einer Originalität zu erwecken, dieihm abging: diese billige Lcugnung des völlig Sicheren ist nur einTribut, den die Flachheit der Selbständigkeit darbringt. Als Mensch