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1830—1840.
warmen Beharrungsgefühl dieser Altösterreicher ausgefüllt war;aber er vermochte mit ihnen nur verstandesgemäß zu rechnen. Soentstanden nun seine Trauerspiele, jedes die kalkulatorisch genaneDramatisierung eines Zeitgedankens, nnd jedes durch die fremd-änßerliche Aufsassung seine Karikatur. Die Fran, verkündeten dieJnngdeutscheu, soll nicht länger das Spielzeug des Mannes sein —und Halm ging hin und schrieb „Griseldis" (1837), dieses „anti-poetische Stück", wie Vilmar es nannte, worin ein gewissenloserRitter aus vermeintlichem Ehrbegriff seine treue liebende Gattinsünf Akte lang quält, um am Schluß zu hören, daß man so nichtmit Frauenherzen spielen dürfe. Die Jungdeutschen machen dasGold, wie eiust schon das Altertum, zum Symbol der niedrigen,verderblichen Wünsche, zum Symbol des verhängnisvollen Be-sitzes; Halm schreibt sein (immer noch bestes) Stück, den „Adep-ten" (1338) und verdirbt das schöne Thema, daß der nachGold hungernde Alchemist von seinem Gold in den Abgruud ge-zogen wird — „wenn sie den Stein der Weisen hätten, der Weisemangelte dem Stein!" —, durch eine Wiederholung des Motivsder duldenden verstoßenen Frau, durch schulmeisterlich-verständigeMonologe des Helden, dnrch die greulich unwahre Figur eines aufgut Claurcusch „siunig-minuigen" Naturkindes Nnneli. — Die Jnng-dentschen wollen heraus aus der Überbildung in natürlichere Verhält-nisse, wo menschliche Gefühle einen unverfälschten Ansdrnck finden;und Halm zimmert seine Kontrast-Komödie vom „Sohn der Wildnis"(1842) zurecht, iu der ein Tcktosagenhänptling, wie von einemBilderbogen ausgeschnitten, und eine zierlich-französische Bürgers-tochter des alten Massilia den Abstand der Kulturverhältnisse dnrchgegenseitige Erziehung überbrücken und zu den eine ganze Gene-ration sentimentaler Zuhörer beglückenden Versen gelangen:
Zwei Seelen und ein Gedanke,
Zwei Herzen und ein Schlag!
Endlich aber kam (1857) Halms größte Sünde: der „Fechter vonRavenna". Hier wird das Thema von neu zu erweckenden Gemein-gcfühl der Deutschen, das Wieubarg so feurig verkündet hatte, zueinem Gladiatorspiel mißbraucht, bei dem Thumeliens, Thusneldensentarteter Sohn, nach der Melodie des „Preußenliedes" wörtlichansruft: „Ich bin ein Römer, will ein Römer sein!" Halm ist trotzaller stark aufgetragenen Sympathie mit der Witwe des Arminius ,die sich nachher auch noch von Halms Gesinnungsverwandtem Piloty