241
malen lassen maßte, im Grunde auf Seiten des Klopsfechters, derein schöues, wirkungsvolles Kampfspiel höher stellt als Vaterland,Ehre und Mannesstolz; er ist immer ein Thumelicus geblieben, derim Notfall auch den germanischen Fechter mimte . . .
Es lag eine Vergeltung darin, daß Halm seine früheren großendramatischen Erfolge bei diesem Stück mit harten Kämpfen nnd An-griffen bezahlen mußte. Man warf ihm vor, er habe den „Fechter"einem armseligen Reimer, dem Schulmeister Bacherl gestohlen. Halmist allerdings immer in der Ausbeutung fremder Stoffe und Entwürfeunbedenklich gewesen; besonders der talentvolle Steicrmärker FaustPachter (1819—1891), Halms Untergebener an der Wiener Hof-bibliothek, hat sich darin Starkes gefallen lassen. Aber diese litte-rarischen Aneignungen mochten immer bis nahe an das Plagiatstreifen — sie blieben doch unschuldig im Vergleich zu jeuem vielgrößeren Verbrechen, wie Halm sich die edelsten Ideen der Zeitaneignete, um sie schmählich in unwahren Theaterstücken zu prosti-tuieren! Würde der Frau und „Griseldis", Verbrüderung der Völkeruud „Sohn der Wildnis", germanisches Nationalgesühl uud „Fechtervon Ravenna "! Wie viel höher steht Heine (von Borne nicht zureden) in den frechsten Ansbrüchen seines Spottes über Sittlichkeitund Patriotismus, als der Neffe seines Ächters, des Prüsidial-gesandten am Bnnde Münch-Bellinghansen, in seinen angeblich „er-habensten Momenten"!
Aber er verstand zu wirken. Er machte seine Karriere alsDichter wie als Beamter. Grillparzer bewarb sich um die Leitungder Hofbibliothek — Halm erhielt sie. „0n xsn8e k moi xouruns xlALs", sagt Beaumarchais' Figaro, „rnais par malkeur ^6tais propre: il tallait rm enloulatsur, os tut daiiseur <^uiI'odtiut," Grillparzer hat die Kränkung nie verwunden. Noch beiHalms Tod grollte er:
Du bist mir in allem zuvorgekommen —
Selbst im Tvd, den ich für mich in Anspruch gcmimmcn!
Halm erhielt die Aufsicht über die naturwissenschaftlichen Samm-lungen Wiens, er wurde (1867) Generalintendant der Hoftheater undverschuldete Laubes Rücktritt; glücklich verheiratet erfreute er sichaußerdem uoch der iutimeu Freundschaft der großen Tragödin JulieRettich , deren Figur für seine Thusnelda maßgebend ward. Grill-parzer blieb einsam. Sein Lustspiel lehute das Publikum heftig ab.Aber Halms „Wildfeuer" (1864) fand lebhaften Beifall.
Meher, Litteratur, 16