Lcopvld Schefer und K. I. Weber. 24S
Zschokkes „Stunden der Andacht". Bis zu Mirza-Schafft) istnicht wieder so billige Weisheit berühmt geworden. Dennoch stündees uns schlecht, des Buches nur zu spotten. Es ist oft trivial, aberes ist immer wahr. Eine nicht tiefe, aber glückliche Natur gab sichhier selbst, die wirklich durch alle Launen des Schicksals hindurchsich die sanfte Harmonie des Wohlwollens gegen Gott und dieWelt bewahrt hatte. Die Alten hätten ihn so gut zu den „Weisen"gezählt wie die Erfinder der Sprüche „Nichts zu viel!" und „Lobeden Tag nicht vor dem Abend!" Wir sind anspruchsvoller ge-worden; ob wir aber die Künste, die Kranken zu Pflegen, dieHungrigen zu speisen, die Bedrängten zu trösten, besser gelernt habenals der Dichter des „Laienbreviers", das weiß ich nicht.
Uns Modernen ist aus jener Epoche vor allem noch eine Reihelitterarischer Gaben unschätzbar: jene Offenbarungen eigenartiger,tief angelegter weiblicher Naturen, die den Besten jener Zeit wurden,was Schefers Buch den Vielen ward. Das Buch „Charlotte"zwar ist fast vergessen, und das Buch „Nahel" in ungerechte Ver-achtung gesunken, von der es sich wieder erheben wird; Bettinaaber, künstlerische Individualität zugleich und geniale Künstlerin,hat in dem „Briefwechsel Goethes mit einem Kinde" uns eine soreiche Welt hinterlassen, daß wenige Litteraturen Ähnliches auf-weisen können. Bescheiden, aber ewigen Dankes wert stellt sichneben ihre poetische Übergoldung Eckermann mit den schlichtenAufzeichnungen der Gespräche Goethes, und das unwirsche Auf-bäumen selbst eines Feuchtersleben gegen die „stille Größe" Goetheshat die nachhaltige Wirkung dieses reinen Denkmals verstehenderEhrfurcht nicht hemmen können.
Freilich, auch diese Zeit führte Schutt mit sich wie jederGletscher beim Vorrücken. Gutzkows „Wally" und Grabbes „Napo-leon" gehören ihr an, und ein Mann, der mit Goethe im selbenJahre starb, hinterließ ein posthumes Werk, das etwa so niedrigsteht wie der zweite Teil des „Faust " hoch, das aber von den„Bildungsphilistern" lange Zeit ebenso behaglich genossen wurde wiejener angefeindet: Karl Julius Weber (1767—1832) ward mitseinem „Demokritos oder hinterlassene Papiere eines lachenden Philo-sophen" (1832—35) der Kirchenvater und Papst für alle, die aus dergroßen Zeit Friedrichs und Voltaires nur das Negative geerbthatten, Religionsspötterei, flache Aufklürerei, Behagen an Cynismenaller Art, während die große Menschenliebe und die tapfere echte