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1830—1840,
Um den Kaiser stehen seine Marschälle. Grillparzer singt in„des Meeres und der Liebe Wellen" ein hohes Lied des selbst imTode herrlichen Liebeslebens, und fast wie jene Nymphen Helenasgehen Hero und Leander sanft in die Elemente ein; und Rai-mund giebt seinen „Verschwender", in dem wieder die Freude amLeben und die Auflösung dieser Freude harmonisch ineinander über-gehen und in der Rolle des alten Franzosen jeder verspottet wird,der an der Natur noch etwas zu verbessern findet. Jmmermannwirft sich mit dem „Merlin" in die lockende Fülle der buntenWelträtsel und mit den „Epigonen" in die reizvolle Buntheit desmodernen Lebens, um mit dem „Münchhausen" von der falschenGeniesucht ein satirisches Gemälde, von dem festbehaglichen Lebenin und mit der Natur ein enthusiastisches Bild zu liefern. Annettevon Droste und Eichendorff singen aus ihrer liebevollen Ver-senkung in Natur und Stimmung heraus; Ranke schreibt seine„Päpste", Alexis seineu „Cabanis". Und von der genialen Ein-fühlung bedeutender Persönlichkeiten verbreitet sich dieser neue Natur-pietismus in die breitesten Kreise und schafft für das große Publikumein Erbauungsbuch von langdaucrndem Einfluß: 1334 erschienLeopold Schefers „ Laien brevier" und war dnrch Feuchte rs-lebens männlichere, eigenartigere „Diätetik der Seele" (1838) nichtzu verdrängen. Auch Leopold Schefer (1784—1862) gehörte nochzu den „Alten": er war ein Zeitgenosse der Bettina, Kerners,Uhlands, vor allem des ihm eng befreundeten Fürsten Pückler .Aber was Schefer , der träumerische Weltwanderer und der beschau-liche Einsiedler von Muskau , in zahllosen wirren Novellen, inunbedeutenden Gedichten, in anachronistischen mißglückten Epenschus, gäbe keinen Anlaß, ihn auch nur zu nennen. Jetzt zumerstenmal und zum letztenmal wuchs ihm eine Schöpfung überdas Dilettantische heraus — weit freilich auch sie nicht. Einemilde, versöhnliche Weisheit weihte jeden Tag des Jahres miteinem Spruch und erhob die trockene „Naturreligion" der Ratio-nalisten wenigstens bis auf die Höhe gemütvoll behaglicher Natur-andacht. Verse, die von selbst im Gedächtnis haften wie Spinne-fäden am Rock, etwas zäh, aber fest gesponnen; Gedanken, die sichjeder aneignen kann, ohne von ihrer Tiefe beschämt zu werden— alles weislich verteilt und in zweckmäßige Dosen zerlegt —so überstieg dies Werk die Erfolge von Rückerts „Weisheit des Brah-manen" oder Annettens „Geistlichem Jahr" und selbst die von