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Aber wie bei den Männern der Paulskirche stand anch hier dasAusführen nicht auf gleicher Höhe mit dem Denken und dem Reden.
Ganz vortrefflich sind dagegen seine Volkserzählungen (inAuswahl gesammelt in dem Buch „Zur guten Stunde", 1872, 1875,das als eines der ersten würdig ausgestatteten Familienbücherneueren Stils mit Bildern von Menzel nnd Meyerheim erschien).Hier hat der leidenschaftliche Reichsfreund für die Anfreundung des„großdeutschen" Süddeutschland an Preußen mehr gethan alsmancher berühmte Politiker. Als Dramatiker mußte er scheitern;er war nicht dazu geschaffen, fremde Figuren ungestört sich aus-sprecheu und ausleben zu lassen.
Auerbach hielt gute Freundschaft mit seinen AltersgenossenHermann Kurz und Otto Ludwig , die beide die Dorfgeschichte andersals er auffaßten, beide aber von ihm beeinflußt wurden. Er hatauch einem andern Meister der Volkserzählung freundlich die Händegeboten, der, älter als er, doch in seiner litterarischen WirksamkeitAuerbachs Auftreten und Erfolge voraussetzt.
Fritz Reuter (1810—1874) ist mehr ein Opfer, als einTypus der Zerrissenheit, die diese Epoche so heiß bemüht war zuüberwinden. Der Sohn der kleinen Ackerbaustadt Stavenhageu hatüberall unter seinen „Vorgesetzten" zu leiden gehabt. Mit patriarcha-lischer Autorität herrschte über seine Jugend der Vater, der rührigeund tüchtige Bürgermeister, dessen Macht durch das fahrige undhaltlose Wesen des Jünglings noch gesteigert wurde. UnbehaglicheFamilienverhältnisse brachen diesen Beziehungen noch den Kitt natür-licher Anhänglichkeit aus: die Mutter war beständig bettlägerig, derVater lebte daneben in einer zweiten wilden Ehe. Der Gymnasiastmit dem scheuen Gesichtsausdruck und dem ordinär geformten Kinn,das später der Bart wohlthätig verdeckte, der Student in Rostockund Jena versprach nicht viel, und schlimme Berichte über seinwüstes Leben vergrößerten die Entfernung der Herzen von Vaterund Sohn. Und nun geriet der gutmütige, idealistisch angelegte,aber steuer- und ziellose Student in die Burschenschaft und ward vonder Demagogenhetze nach dem Frankfurter Attentat fast am schwerstenbetroffen. Nach einer Untersuchungshast, die durch die Grausam-keit des Untersuchungsrichters Dambach zu einer langen Folterwurde, ward der wahrhaftig nicht staatsgefährliche Träumer (1833)wegen „Konat zum Hochverrat" zum Tode verurteilt — zum Todewegen Tragens schwarzrotgoldener Bänder und Absingens revolu-