das Plattdeutsche erst zurückübersetzt; seine Verse waren gewaltsambis zur Mißhandlung des Sprachstoffs. Auch Klaus Groth hatnicht, wie I. P. Hebel oder wie der treffliche österreichische Dialekt-dichter Franz Stelzhamer (1802—1874), Adalbert Stifters Freund, voll aus der Mundart heraus gedichtet; auch bei ihm wiebei seinem Vorbild, dem großen Schotten Burns, gehen Flexion undSyntax noch merkbar durch das Sieb der Schriftsprache. Aberimmerhin war bei ihm, in der Lyrik vor allem, die Grundlage nieder-deutsch — bei Reuter noch nicht; er kleidete hochdeutschen Stil inmundartliche Wörter um, wie etwa Hoffmann von Fallersleben beiseinen zahlreichen Versuchen in allemannischem, schlesischem oderauch „rotwelschem" Dialekt. Klaus Groth hatte bei deu Studien,die der arme Kirchspielschrciber und Mädchenlehrer mit einem seineGesundheit untergrabenden Eifer betrieb, von vornherein die Hebungdes Plattdeutschen im Auge; bei Reuter war die plattdeutscheSchriftstellerei zunächst etwas Zufälliges. Mit Groth fühlten diegerade damals dnrch die dünische Bedrückung in ihren deutscheuGefühle» leidenschaftlich gesteigerten Patrioten der Nordseeprovinzen:was in ihrem Volk edel, zart, rein war, das hörten sie in diesenVersen. In Reuters Späßen fürchteten sie eine neue Erniedrigungdes Niederdeutschen.
Wie aber der Kampf stand, bedeutete er an sich einen Siegüber die Jungdeutscheu. Wie lange war es her, daß Wienbarg dieBeseitigung des Plattdeutschen für allen litterarischen Gebrauchgefordert hatte, selbst doch ein Holstciner und ein glühender Patriot?Das war jetzt abgethan. Der kosmopolitische Bildungsdünkel wichüberall dem Verlangen der Stämme, als selbständige Glieder desdeutschen Volkstums anerkannt zu werden.
Fritz Reuter ließ sich die Gegnerschaft nicht zu sehr anfechten.Er setzte seine Anekdoten-Erzählungen (1855—1856) in einem„Untcrhaltungsblatt" fort und ging dann mutig zu größeren Er-zählungen über. Von Klans Groth hat er viel gelerut, mehr dochdurch eigene Schulung. Die Hauptsache that die zunehmende innereund äußere Festigung, die sich schon durch seinen Ortswechsel(1856—1863 Neubraudeuburg, seitdem Eiseuach) sich bekundete.Es soll nicht geleugnet werden, daß ein gewisser anekdotischer Zugauch seinen größten Schöpfungen vielfach anhaftet, wie übrigens auchdeuen seines Meisters Dickens , von dem er die liebevoll-ironischeBehandlung der Figuren uud die scherzhaft-philosophischen Exkurse
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