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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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Wilhelm Jordans Romane.

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durstige Edelfräulein, der freigesinnte Aristokrat, der liberale Pre-diger, der kluge Deutschamerikaner aber nirgends Individuen.Schablonenhaft ist auch die Handlung. In den Gedichten wettertJordan auf Eugene Sue ; hier hat er ihm alle Mittelchen abge-borgt: den schlauen Jesuiten , den Bastard aus Grafen- und Kunst-reiterblut (der auch in SpielhagensProblematischen Naturen" nichtfehlt), Kindesraub, Familienmale das ganze Requisitenmaterialdes französischen Abenteuerromans. Neu ist nur der dick aufge-pfropfte Lernstoff: die endlosen Vorträge über Teleologie undChristentum, über Erdmagnetismus und denüberhaarten, kaumstecknadelkopfgroßen Reststummel des Maulwurfsauges"; uud neusind die pedantischen Znthaten darwinistischen Gepräges: daß Arnnlfden Spann seiner künftigen Braut ausmißt und überSebalds-füße" philosophiert, oder daß Ulrich sichden in der Familie erb-gewohnten Strafschlag auf die Schläfe giebt". Auch von der erb-lichen Phantasie der Sebalds hören wir; als Proben erhalten wiraber nur ein paar recht dürftige Traumbilder. Dieser wissen-schaftliche Inhalt ist also auch hier die Hauptsache; und in derThat sind die Vorträge über denAufbau des Leibes Christi"und dieErfüllung des Christentums" iveitaus das Beste uudInteressanteste an dem Buch. Aber um diese lehrhaften Partienschlottern die romanhaften uninteressant und in schematischer Starr-heit herum; und daß Jordan in der allernaivsten Weise ein PaarReiserinnerungen einstopft (Über Sacramento City zur Eisenbahnzurückkehrend machten sie von Truckee zu Wagen einen Abstechernach dem von herrlichen Waldungen und Schneebergen umrahmtenSee Taho"), die durchaus zu nichts führen, das erhöht nur dendilettantischen Eindruck, aber nicht das Interesse. Sobald derGedankeninhalt überholt war, blieb von dem mißglückten Ding,das weder Knnstwerk ist noch wissenschaftliche Untersuchung, wederWahrheit noch Dichtung, schlechterdings nichts übrig.

Zwei Wiegen" (1887) hat den gleichen furchtbaren Stilund die gleichen Sprechmanieren; die gleiche Naivetät im Anbringenvon allerlei Kenntnissen über Blumenveredelung und Magenpumpe,Marsbewohner und heiße Bauchpflaster; das gleiche Ungeschick imEinflechten philosophischer Betrachtungen. Und auch hier sind dieseMängel der äußeren Form nur Symptome der hilflosen Technik,die sich mit langen Briefen und endlosen Reden, mit Rückgriffenin kindlichster Art (Wo war nur der Doktor? Die Antwort muß