Stvrms Entwickelung. — Solitaire,
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1818—1869). In seinem „Hausbuch" wies Storni auf Solitaires„Bilder der Nacht" (1852): „Es dürfte unter den deutschen Dichternkaum einen zweiten geben, in welchem das faustische Element mitso ergreifender Innerlichkeit und in so lebensvollen, farbensatten,wenn auch von düsterer Glut bestrahlten Gebilden zur Erscheinunggekommen wäre." Das macht: was bei so vielen Fanstdichternmühsames Nachempfinden war, kam dem tiefunglücklichen Solitaireaus tiefster Seele. Wohl gab er die furchtbaren „Phantasmagorien",die er „Zwischen Himmel und Erde. Vom Krankenbett" überschrieb,mir als Phantasiegebilde aus; aber die erschütternden „Reflexe derSchwermut", die Storm kurz vor Solitaires Tod handschriftlichempfing, zeugen für feinen eigenen Anteil an diesen verzweifeltstenAusschreien, die sich je einer Menschenbrust entrungen:
Zu leicht hab' ich dies Leben mir gedacht!
Ein Menschcnglück verdirbt in einer Nacht!
Was sag' ich: Nacht! In einer einzigen Stunde
Geht auch das leuchtendste Gestirn zu Gruudc.
Uud aller deiner stolzen Wünsche Heer
Zerstäubt iu nichts als wie der Sand am Meer!
Und was da bleibt? Es ist nur eins, das bleibt:
Die Feder, die den Jammer niederschreibt!
Sicherlich, Nürnberger war kein großer Dichter; er beherrscht dieForm nicht wie Lenau ; aber an Intensität der Empfindung weichter keinem, nnd nicht umsonst ist „elektrisch" ein Lieblingswort diesesgleichsam mit Gewitterluft geladenen, düstere Funken sprühendenGehirns. „Tiefstes Erleben" ist auch für ihn das Wesentlichste,und zu einer Zeit, in der die Münchener Dichterschnle die Natnrallzu schmeichelnd in eine freundlich lächelnde Matrone nmdichtete,klagt er den „furchtbaren Hohn" der erbarmnngslosen Natnr an.Dies Lied von der Grausamkeit der Natur ist uns jetzt durchTurgenjew und Maupassant und Huysmans und Strindberg fasttrivial geworden; in jener Zeit konventioneller Natnrschwärmereigehörte eine furchtbare Kraft des Erlebens dazu, solche Töne anzu-schlagen.
Aber auch in Solitaires Novellen mußte manches Stormfesseln, den die starke Eigenart nnd der tiefe Ernst des Erlebnisfesin der Lyrik anzog. E. Th. A. Hoffmann, der Schutzpatron derStormschen Sonderlinge, hat auf die schaurigen Fratzen in Soli-taires Novellen („Dnnkler Wald und gelbe Düne" 1356, „Dasbraune Bnch" 1858, „Erzählungen beim Mondschein" 1865)