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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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Adalbert Meinhardt, Hans Herrig .

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Nation loszumachen von allem dem, was aus dem Materialismus,dem Realismus, aber auch dem neuen Idealismus heraus sie be-droht. So werden alle diese Dichter polemisch; und nnr etwa einRichard Voß , in seine Romantik eingesponnen, blieb gegen das,was andere schufen, gleichgültig.

Hans Herrig (18451892) aus Braunschweig , vereinte insich, wie die Vraunschweiger Karl Lachmann und Wilhelm Naabe,einen starken Patriotismus, eine etwas verstandesmäßig gefärbtehumoristische Ader und eine auf scharfes Grübeln gerichtete Tendenz.Von ganzer Seele Schopenhauerianer und Wagnerianer, mußte ersich zu dem, was sich neu regte, in scharsem Gegensatz fühlen. AlsKritiker und Ästhetiker wie in wenig beachteten historischen Dramenverfocht er (seit 1872) mit Eiser seinen Standpunkt, gelangte aberzu größerer Bedeutung erst mit dem FestspielLuther" (1883).Es brachte die Festspiele in die Mode eine Zwischengattungzwischen volkstümlicher Massenaufführung und Liebhaberbühne, derenAutoren aber meist schon an dem eigenen Dilettantismus scheiterten,ehe noch der ihrer Schauspieler ihr Werk zerstören konnte. HerrigsStück verbindet die Vorführung dramatisch bewegter Bilder sehrglücklich dnrch knappe, populär gehaltene Berichtstücke. Dabeitritt der Geist eines echten Patriotismus mehr aus dem Vorge-führten heraus, als daß der Dichter selbst ihn immer aus denKulissen hervordonnern müßte; es ist ein Experiment, aber kein übelgelungenes.

Keine philosophische oder religiöse Befangenheit, kein Grübelnund keine pädagogische Tendenz arbeitet in dem stärksten Talentdieser Gruppe. Ernst v. Wildenbruch (geb. 3. Februar 1845zu Beirut ) ist nur von einer Leidenschaft erfüllt: ganz und gargehört er der patriotischen Muse. ZweiHeldenlieder " (Vionville"1874,Sedan" 1875) machten ihn zuerst weiteren Kreisen bekannt die ersten Versuche, die Großthaten des Krieges episch auszu-münzen. Auf eine starke Liedersammlung (Lieder und Gesänge"1877) folgte dann, von seltneren Romanen, Novellen, Humoreskenunterbrochen, die lange Reihe seiner Dramen (von denKarolingern "1882 an), in stürmisch hervorbrechender Flut; und sicherlich liegtihm die dramatische Thätigkeit am nächsten.

Am schwächsten ist er als Erzähler. Schon sein erster Roman,Der Meister von Tanagra" (1880), leidet unter der stürmischenUngeduld des Autors. Schon hier haben wir ganz den späteren