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1870—1880,
manirierten Stileigenheit begegnen Wendungen: wie: „die Frauenhie und da benutzten einen selben Löffel" oder „also daß die Jungenes vernehmen, samt es wohl verzeichnen in ihr Herz". Es giebtimmer Leute, die das bewundern; wir kennen bessere Beweise vonOriginalität, als Sprachwidrigkeiten. Aber auch der metrische»Form ist Spitteler uie recht Herr geworden. Vereinzelt begegnetwohl ein formvollendetes Gedicht in den späteren Sammlungen;die Regel aber bilden Verse voller Härten und Lässigkeiten, überdie unsere Zunge nicht selten stolpert, wie Zarathustras Fuß aufdem steinigen Bergpfad. Auch vergreift er sich wohl, wie Hebbelund Grillparzer , im Ethos der gewählten Maße; doch gerade hierinist ein stetiger Fortschritt nicht zu verkennen. Einfache Prosa derErzählung oder des Essays hingegen gelingt ihm glatt und sicher.Er ist im Grunde nicht, wie Nietzsche, ein philosophischer Dichter,sondern ein dichtender Philosoph.
Aber das vor allem bringt ihn doch in die Nähe des Größeren,daß auch er seine Probleme innerlichst durchlebt. Und die Pro-bleme selbst sind die gleichen. Die für ihn besonders charakteristischen„Extramundana" (1883) bezeichnet er selbst als „Gedichte, welche dasDasein zum Gegenstand haben". Das Erfassen der ungeheurenWirklichkeit in ihrer unbegreiflichen Totalität bildet die Grundideeauch seiner poetischen Produktionen. Auch ihm ist das Rätsel dieseswiderspruchsvollen Gesamtdaseins zu einem künstlerische Bewältigungfordernden Problem geworden:
Und die Seele mit erschrecktem StaunenHat erkannt ein riesengroßes Weltsein.
Auch ihn, gerade weil er eine Natur voll künstlerischer Sehn-sucht ist, peinigt die UnVollkommenheit dieser Schöpfung. Auchihm ist hieraus das Bedürfnis erwachsen, eine schönere Zukunfts-welt sich auszumalen, in der der jetzt noch junge Übermensch dierohe Herrschaft der Natur durch lichtvollere Ordnung ersetzt, in derder einsame Schöpfer Gott und die herrische Welt ein beglücktesLiebespaar werden. Den Übermenschen zeichnet er freilich nur imRelief, während Nietzsche seine Statue massiv aufbaut. Doch derSchattenriß stimmt: „Verstand, der scherzt, und Größe, welchelächelt". Gut Fontanisch meint er „ein feierlicher Kerl ist nie-mals groß".
So kommt er, wie Nietzsche , aus seinem Idealismus herausnotwendig dazu, auch „mit dem Hammer zu philosophierett". Voll