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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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736
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7Z6 18701880,

Zukunftswelt, und dem Behagen an der freien, fröhlichen Vater-landsliebe giebt vor allem das unvergleichliche Gedicht von denjodelnden Schildwachen Ausdruck. Aber auch die reizende, an Gott-fried Keller erinnernde IdylleKommissionsfriede" und die groß-artige BalladeDie Jurakönigin" sind von dieser überströmendenVaterlandsfreude erfüllt. Sie giebt den reifsten Dichtungen Spittelersihrenots xsrsonsllö".

Etwas von diesem anheimelnden Behagen an der Heimatdurchdringt auch die Erzählungen Spittelers . Ein lehrhaftes Ele-ment fehlt auch den Novellen Spittelers nicht (Friedli der Kolderi"1891). Doch macht sich die künstlerische Freude am Leben hierfreier als in den Parabeldichtungen Luft; und reich und frischentfaltet sie sich in seiner schönsten Gabe, dem köstlichen IdyllGustav" (1892), in dem der alte Eichendorff 'sche Taugenichtsdurch gesunden Realismus und kräftige Lokaltöne verjüngt wird.Bedeutender noch ist die tragischeDarstellung"Conrad derLeutnant" (1898). Eine besondere Kunstform bedeutet sie aller-dings nicht, wie der Dichter wollte; es ist einfach eine straffe Er-zählung vom selben Zuschnitt wie etwa gewisse Novellen Hebbels .Es ist für diese suchende Zeit, wie einst für die der Stürmer undDränger, der Romantiker, des Jungen Deutschland bezeichnend, wieeifrigneue Kunstformen" ausgetüftelt werden. Richard v. Meer-heimb (182S1896) glaubte an der Grenze des Jahrzehnts mitseinenPsycho-Monodramen" (1879)eine neue poetische Form"gegeben zu haben, während er doch nur bald den dramatischenMonolog isolierte, bald das Melodrama Rousfeaus mit mäßigemTalent auffrischte. Ebenso Julius Hart mit seinenStimmender Nacht" (1898), die nichts anderes sind als lyrische Stimmungs-bilder in Novellenform.

Wenig Gutes kann ich dagegen den gesammelten Feuilletonsnachsagen, die Spitteler alsLachende Wahrheiten" (1898) er-scheinen ließ. Gesuchte Paradoxien oder billige Trivialitätenwie daß man ein Jubiläum nicht feiern solle, denn der Menschwerde doch nicht nun auf einmal 70 Jahre alt! werden in an-spruchsvoller uud doch trockener Form vorgetragen. Jeder Artikelenthält je einen solchen Einfall und ja weiter keine Idee mehr;höchstens wird einmal die zu Olims Zeiten beliebte Manier derEinkleidung in parodistisch-biblischen Ton totgehetzt.

Ist Spitteler kein großer, aber doch ein origineller Dichter,