754 1880—1890.
die Hamerling und Jordan und selbst Hebbel und Otto Ludwig ,Theorie und Experiment geleitet hatten. „Alles oder nichts" wareinst seine Parole, bis die Erfahrungen seiner dramatischen Lauf-bahn ihn zu dem entgegengesetzten Wahlsprnch führten: mit deuvorhandenen Mitteln so viel wie irgend möglich sei zu erreiche».Erst ein Schüler des formlosen Geniedramas schulte er sich dannan der sicheren Technik der Franzosen , durch persönliche Arbeit alsDramaturg so gut wie durch unseres Hettner vortreffliches Bnchüber das moderne Drama gefördert. Als politischer Agitator undromantischer Lyriker fing er an, um der direkten Agitation undder Lyrik später entschieden den Rücken zuzuwenden. Die „Nor-dische Heerfahrt" (1858) vereinigt noch Romantik und Realismus,etwa wie Heinrich v. Kleists „Hermannsschlacht ", doch ohne derenPoesie. Aber die „Komödie der Liebe" (1862) führt bereits einromantisches Problem — die Unvereinbarkeit von Liebe und Ehe,jenen verhängnisvollen Lieblingssatz der Schlegel und Jmmermann— in annähernd realistischer Weise dnrch, freilich unter starkerAnlehnung an die Schablonenpsychologie der Franzosen . Dannwirken wohl persönliche Erfahrnngen — ein inneres Messen seinerbis jetzt erfolglosen Talente an dem von Göttern und Menschengeliebten Schulkameraden Björnson — wie bei Strindberg, wieeinst bei dem juugeu Goethe und dem jungen Schiller, zum Durch-brechen des historisch-realistischen Standpunktes in den bedeutenden„Kronprätendenten" (1863). Schon war man sich der Feindschaftgegen die herrschende Mode bewußt: Björusou war (1859) Vor-sitzender einer „Norwegischen Gesellschaft", die, bezeichnend genug,auch den Kampf gegen den verflachenden Konventionalisinus derDüsseldorfer Malerschule in ihr Programm aufnahm — Jbseusein Stellvertreter. Aber wo die neue Kuust liege, wußte mannoch nicht. Ibsen experimentiert mit großen geistreichen Bnch-dramen: „Brand" (1866), der Tragödie der idealistischen Über-hebuug, „Peer Gynt " (1867), einem satirisch-symbolischen Märchen-drama, „Kaiser und Galiläer" (1873), einem tiefsinnigen Ge-schichtsdrama großen Stils. Hier bekennt er sich zu dein Glaubender neuen Zeit: der Hosfuuug auf ein „drittes Reich", das heid-nische Schönheit und christliche Tiefe vereinigen wird, Staat undKirche mit einem höheren Tempel überbauen soll. Und mit demGlauben hat er die Kraft gefunden. Bon nuu au ist er erst ganzer selbst: der Meister des experimeutellcu Dramas. Er greift ein